„Beinfreiheit und Handlungsspielraum“

Im Dienstzimmer von Landrat Dr. Jens Mischak merkt man, dass es manchmal die kleinen Dinge sind, die weitreichende Veränderungen markieren. Vor fast genau einem Jahr war es der Schreibtisch, der scheinbar über Nacht einen anderen Platz gefunden hatte. Dort nimmt seither der neue Vogelsberger Landrat Platz. Nach 365 Tagen an der Kreisspitze ist es an der Zeit für einen ersten Blick auf das, was war und noch kommt.

Herr Landrat, nach der offiziellen Amtseinführung im März 2024 folgte am 10. Juni der erste Tag im Amt. Wie haben Sie den Übergang von Ihrem Vorgänger Landrat Manfred Görig zu Ihnen empfunden?

Landrat Mischak: Abgesehen davon, dass ich auf einem anderen Stuhl Platz genommen habe, war der Wechsel nicht allzu besonders (lacht). Nein, im Ernst: In den Wochen und Monaten vor dem Ende der Amtszeit von Landrat Görig haben wir für den Wechsel im Landratsamt sehr intensiv gearbeitet. Ich konnte mich sehr gut vorbereiten – auch durch die Unterstützung meines Vorgängers. Wir konnten viele große Fragen, aber auch Details schon im Vorfeld klären. Dadurch gab es keinen abrupten Bruch oder eine große Veränderung, das war ein mehrmonatiger Prozess. Hinzu kommt: Ich bin am 10. Juni ja nicht zum ersten Mal in die Kreisverwaltung gekommen – in meinen acht Jahren als Erster Kreisbeigeordneter habe ich einiges erlebt und gestalten können. Man kennt die Menschen, Abläufe und Arbeitsbereiche in der Verwaltung. Im Prinzip waren wir alle von der ersten Minute an arbeitsfähig.

Viele Facetten des Amtes haben Sie schon kennengelernt. Doch bei aller Vorbereitung: Was haben Sie sich anders vorgestellt?

Landrat Dr. Mischak: Die zeitliche Inanspruchnahme als Landrat ist nochmals eine andere. Da kommen einige Aufgaben und Mandate hinzu, die man vorher nicht hatte. Nehmen wir das Beispiel im Verwaltungsrat der Sparkasse Oberhessen. Neben vielen Lehrgängen, Sachkundenachweisen und weiteren Detailfragen stand beispielsweise noch im ersten Jahr die Suche nach einem neuen Vorstandsvorsitzenden auf der Agenda. Das nimmt Zeit in Anspruch und wirft auch den ein oder anderen Termin über den Haufen. Da wünscht man sich manchmal, man könnte sich klonen. Denn wenn kaum ein Abend in der Woche noch frei ist, muss man sich dann entscheiden. Das tut mir oft leid, denn ich gehe schon gern auch mal spontan irgendwo hin.

Was hatten Sie sich für das erste Jahr vorgenommen?

Landrat Dr. Mischak: Ein Hauptziel war, die Finanzierung des Kreiskrankenhauses auf sichere Füße zu stellen. Dafür haben wir alle zusammen lange gekämpft, das war – auch schon vor meinem Amtsantritt – ein dickes Brett. Doch nach vielen Gesprächen, auch mit der Hausspitze des Gesundheitsministeriums in Wiesbaden, konnten wir die Finanzierungszusage über 25 Millionen Euro mit in den Vogelsberg nehmen. Ein wichtiges Zeichen, denn als eine Investition in den ländlichen Raum ist dieses Haus unglaublich wichtig. Gerade auch mit Blick auf die politische Großwetterlage, die die Krankenhausreform in Deutschland mit sich bringt, ist die Zusage aus Wiesbaden richtungsweisend für das Haus in Alsfeld, und nicht selbstverständlich.

Ein weiterer Erfolg war die relativ zügige Haushaltsgenehmigung in einem schwierigen Umfeld. Da haben sich viele andere Landkreise wirklich schwergetan. Ein weiterer positiver Punkt ist, dass wir die ambulante Palliativversorgung im Vogelsbergkreis erhalten konnten, denn das sah Mitte vergangenen Jahres anders aus.

Patrick Krug ist Ihr Nachfolger im Amt des Ersten Kreisbeigeordneten. Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit in der neuen Kreisspitze?

Landrat Dr. Mischak: Sehr positiv. Auch ihm ist es zu verdanken, dass der Übergang so geräuschlos vonstattenging. Wir arbeiten sehr vertrauensvoll und zielführend zusammen. Sonst heißt es ja immer, in der Politik werde so viel gestritten – das haben wir hier in der Zusammenarbeit noch nicht gespürt.

Was steht für die kommende Zeit auf der Agenda?

Landrat Dr. Mischak: Aktuell arbeiten wir daran, termingerecht im Herbst mit dem Krankenhausneubau zu starten. Denn die zügige Fertigstellung ist ein wichtiger Punkt, der die erste Amtszeit sicher prägen wird.

Darüber hinaus sehen wir uns verschiedenen Krisen ausgesetzt, die sich auch auf die Landkreise auswirken. Da ist es wichtig, dass wir als kommunale Ebene signalisieren, dass wir da sind, und versuchen, die Bälle flach zu halten. Stabilität und Verlässlichkeit sind dabei wichtige Signale. Das bedeutet auch, dass wir unsere Finanzen stabil halten und genehmigungsfähige Haushalte aufstellen.

Natürlich entstehen durch das Sondervermögen des Bundes und eine gelockerte Schuldenbremse neue Spielräume. Davon müssen auch wir als Landkreis möglichst viel sinnvoll einsetzen und ausgeben. Wir brauchen dieses Geld dringend, etwa im Bereich der Schulbauten, die ohne Finanzspritzen nicht zu stemmen sind.

Auf kommunaler Ebene wissen wir, wo der Schuh drückt. Wir brauchen daher unbürokratische Lösungen, schnelle Genehmigungsverfahren und Beinfreiheit, um die PS auf die Straße zu bringen.

Geld ist ein wichtiger Faktor, doch was gehört noch dazu?

Landrat Dr. Mischak: Es braucht auch die Menschen, die mit ihrer Arbeit dazu beitragen, dass die vielen kleinen Rädchen sich wieder drehen. Spürbar wird die Entwicklung schon jetzt in vielen Bereichen. Von medizinischer Versorgung bis zum Handwerksbetrieb ohne Nachfolger – an vielen Stellen fehlt der Nachwuchs. Das haben wir im Blick. Dem setzt der Kreis gemeinsam mit seinen Partnern einiges entgegen. Doch der anstehende Generationenwechsel braucht in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten auch verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen. Vielleicht können Digitalisierung und künstliche Intelligenz diesen Umbruch abfedern, aber er bleibt eine große Anstrengung.

Kommen wir auf ein Thema, das Ihren Amtsvorgänger ab 2015 sehr intensiv beschäftigt hat, nämlich die Aufnahme von Geflüchteten im Vogelsbergkreis.

Landrat Dr. Mischak: Aktuell spüren wir, dass die seit etwa einem halben Jahr wirksamen Maßnahmen vom Bund ihre Wirkung zeigen. Denn die Zuweisungszahlen sind sehr gering. Gleichzeitig bleibt aber die Aufgabe, die Geflüchteten mit langfristiger Bleibeperspektive zu integrieren und ihnen Wege aufzuzeigen. Wenngleich das aber nicht alle Probleme löst. Wir müssen denen sagen, die eben keine Bleibeperspektive haben, dass in einem Rechtsstaat auch eine Zurückführung ins Heimatland dazugehört.

Im kommenden Frühjahr ist Kommunalwahl. Was bedeutet das für Sie als Landrat?

Landrat Dr. Mischak: Als Landrat bin ich kein „politisches Neutrum“. Natürlich wünsche ich meiner Partei also ein gutes Abschneiden bei der Kommunalwahl. Wir haben in den vergangenen neun Jahren seit 2016 in der Großen Koalition des Kreistages gut zusammengearbeitet. Das ist auch nach dem Wechsel hin zu Patrick Krug als EKB hin ungebrochen. Da ist viel Vertrauen. Natürlich muss man das Ergebnis dieser Wahl jetzt mal abwarten, aber gemessen an der heutigen Situation, muss ich sagen: Unsere große Koalition funktioniert.

Hat sich darin Ihre Rolle geändert, seit Sie Landrat geworden sind?

Landrat Dr. Mischak: Ein Stück weit definiere ich meine Rolle anders als vielleicht noch in der Zeit als Erster Kreisbeigeordneter. Deswegen, aber auch aus zeitlichen Gründen, werde ich mich im kommenden Jahr aus der Arbeit als CDU-Kreisvorsitzender zurückziehen. Ich will integrierend wirken und auch unterschiedliche politische Strömungen zusammenzuführen. In Teilen arbeite ich sicher auch ein Stück überparteilich, um Entscheidungen und Vorhaben voranzubringen.

Schließt das auch die AfD-Fraktion ein?

Landrat Dr. Mischak: DieAfD wird im parlamentarischen Verfahren, was die Fragen und Anfragen angeht, genauso behandelt wie jede andere Partei auch. Alle Fraktionen haben Anspruch darauf, dass Fragen beantwortet werden. Das ist aber unabhängig von der Frage einer politischen Zusammenarbeit, die ich nicht sehe. Losgelöst vom Vogelsbergkreis: Die AfD hat extreme Positionen und extreme Personen in ihren Reihen. Solange solche Personen dort Verantwortung tragen, sehe ich da keine Zusammenarbeit.

Kommen wir zurück auf die vorhin angesprochenen Krisen.

Landrat Dr. Mischak: Eines fällt auf: Viele Positionen sind zunehmend polarisiert. Etwa auch, wenn es um die aktuelle geopolitische Lage geht. Die einen sagen, morgen bricht der Dritte Weltkrieg aus. Die anderen fragen, warum so eine Panik geschürt wird, und schon alles nicht so schlimm ist. Wie bei anderen Themen auch, geht es darum, zwischen beiden Extremen irgendwie einen gesunden Mittelweg zu finden. Wir leben in schwierigen Lagen und haben in den vergangenen Jahrzehnten viel zu wenig Geld in Landesverteidigung, in zivile Verteidigung und in Katastrophenschutz investiert. Meine Aufgabe ist, die Bevölkerung mitzunehmen und die zusätzlichen Aufgaben gemeinsam mit Haupt- und Ehrenamt hier vor Ort umzusetzen und uns vorzubereiten.

Auch hier geht es um Vertrauen, Beinfreiheit, und eine gute finanzielle Ausstattung.

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