Prof. Dr. Harald Pechlaner (Lehrstuhl Tourismus und Zentrum für Entrepreneurship, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt) stimmte in seinem Impulsvortrag die Teilnehmer*innen der Zoom-Konferenz, die von BZT-Leiter Prof. Dr. Alfred Bauer moderiert wurde, in einem aktuellen Status-Quo-Bericht auf die Herausforderungen für die weitere Destinationsentwicklung in Bayern ein. Am Beispiel der Fallstudie Pragser Wildsee in Südtirol stellte er die erfolgreiche Einführung eines einheitlichen Hotspot-Management-Systems vor und plädierte an die Branche, stärker die Diskussion mit der Bevölkerung zu suchen, um von Konflikten durch Transformation zu Lösungen bei der zukünftigen Gestaltung von Alltags- und Urlaubsräumen zu gelangen. Wichtig sei hierfür die Schaffung einer gemeinsamen lokalen Identität, so der Tourismusexperte. „Besucherlenkung kann nicht die einzige Lösung für aktuelle lokale und regionale Problemfelder wie Verkehrsbelastung, Klimawandel, Vermüllung oder auch Overcrowding sein“, bekräftigte er.
Die vier Vertreter*innen der touristischen Regionalverbände Franken, Ostbayern, Oberbayern München sowie Allgäu/Bayerisch-Schwaben schilderten im Anschluss ihre Aktivitäten und Bemühungen, wie zwischen der Bevölkerung und Besucher*innen gegenseitiges Verständnis geschaffen wird. „Fortwährende Sensibilisierung und Aufklärung sind die wichtigsten Aufgaben unserer Verbände“, zeigte sich Angelika Schäffer vom Tourismusverband Franken überzeugt. Auch Veronika Perschl vom Tourismusverband Ostbayern stimmte zu, dass Kommunikation das A und O für ein zukunftsorientiertes Destinationsmanagement bilde. In ihren Augen müssten Tourismusverbände die Akteurinnen und Akteure noch stärker miteinander vernetzen, um erfolgreich neue Produkte auf dem Markt einführen zu können.
Bernhard Joachim vom Tourismusverband Allgäu/Bayerisch-Schwaben und Oswald Pehel von Tourismus Oberbayern München betonten wiederum die große Bedeutung der Touristiker*innen als Netzwerker zwischen Einheimischen und Gästen. „Hierbei ist es wichtig, dass Nachhaltigkeit als Mehrwert und nicht als Verzichtstrategie gesehen wird“, so Oswald Pehel. „Es ist ferner wichtig, Empathie für die Region zu zeigen, dann wird man von der Bevölkerung auch ernst genommen“, ergänzte Bernhard Joachim.
Alle Vertreter*innen der vier touristischen Regionalverbände zeigten sich in der Diskussion überzeugt davon, dass ihre Institutionen über die Kompetenzen für ein zukunftsorientiertes Lebensraum-Management verfügen – unter anderem im intensiven Austausch mit den entsprechenden Stakeholdern vor Ort. Es stelle jedoch immer noch eine große Herausforderung dar, auch die Bevölkerung in die Arbeit der Tourismusverantwortlichen einzubinden. Und auch die Frage nach der Finanzierung der zusätzlichen Aufgaben sahen die Tourismusverantwortlichen ebenfalls durchaus kritisch.
Dr. Cathrin Schiemenz vom Bayerischen Zentrum für Tourismus stellte die Ergebnisse einer BZT-Studie vom April 2022 zur Tourismusakzeptanz in Bayern vor. Demnach bewerten 47 Prozent der bayerischen Bevölkerung die Auswirkungen des Tourismus in ihrer Region für sich persönlich als überwiegend oder eher positiv.
Die Studie zeigte jedoch auch, dass der Tourismus aber auch zu einem negativen Einfluss auf das Lebens- und Wohnumfeld der Bevölkerung beiträgt: 56 Prozent der 2.000 Befragten nennen überteuerte Immobilien-, Miet- und Grundstückspreise als negative Begleiterscheinungen des Tourismus in ihrer Region.
Als ersten Schritt für ein erfolgreiches weiteres Lebensraum-Management definierten die Expertinnen und Experten ein regelmäßiges Monitoring der Zufriedenheit bzw. der Unzufriedenheit der Bevölkerung. Damit sei eine bessere Einbindung der Bürgerinteressen in touristische Entwicklungen möglich.
Fortgesetzt wird die diesjährige BZT-Dialogreihe zur „Nachhaltigen Gestaltung des Alltags- und Urlaubsraums: Bedürfnisse von Einheimischen und Gästen“ am 18. April 2023 zum Thema „Ist Tourismus planbar?“. Insgesamt sind in diesem Jahr vier Fachgespräche geplant. Die Anmeldung ist bereits jetzt möglich unter: https://bzt.bayern/events/planbarkeit-im-tourismus/
Die erwähnte BZT-Studie ist unter https://bzt.bayern/umfrage-tourismusakzeptanz-bayern abrufbar. Alle Fachgespräche der Dialogreihe können nach den jeweiligen Veranstaltungen unter https://bzt.bayern/jahresdialoge/ nochmals verfolgt werden.
Die BZT-Jahrestagung 2023 am 09. und 10. Mai 2023 im Kongress am Park in Augsburg steht unter dem Titel „Der Gast im Mittelpunkt: heute – morgen – übermorgen“. Das Programm und die Möglichkeit zur Anmeldung finden sich unter: https://bzt.bayern/events/jahrestagung-2023/
Das Bayerische Zentrum für Tourismus (BZT) ist ein An-Institut der Hochschule Kempten. Es wurde im Zuge der neuen Tourismusinitiative des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gegründet und versteht sich als ein unabhängiger wissenschaftlicher Thinktank. Neben relevanten Forschungsprojekten initiiert und moderiert das BZT den praxisrelevanten Austausch zwischen Wissenschaftlern, Politikern und den verschiedenen Akteuren der Tourismuswirtschaft. Dabei stehen die Vermittlung von Wissen, die Identifikation wichtiger Themen der bayerischen Tourismuswirtschaft, die Vernetzung der bayerischen Tourismusakteure und ein lösungsorientierter Diskurs zur Förderung, Optimierung und Weiterentwicklung der Leistungsfähigkeit des bayerischen Tourismus im Fokus. Ziel des BZT ist die Förderung von Tourismuswissenschaft und -forschung sowie die Intensivierung des interdisziplinären Wissens- und Erfahrungsaustauschs. bzt.bayern
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