Gleich mehrere für die DIVI wichtige Punkte finden sich in dem 15 Seiten umfassenden Eckpunktepapier wieder. Für Präsident Walcher ist die Einigung auf die Erweiterung der Leistungsgruppen um die Notfallmedizin, spezielle Traumatologie, spezielle Kinder- und Jugendmedizin, spezielle Kinder- und Jugendchirurgie sowie Infektiologie gegenüber dem NRW-Modell herausragend: „Die Notfallmedizin endlich durch einen eigenen Leistungsbereich finanziert zu sehen, ist tatsächlich – um Gesundheitsminister Lauterbach zu zitieren – eine Revolution für diesen Bereich der klinischen Versorgung“, so Walcher. Die Pädiatrie, die klinischen Neurodisziplinen sowie die Unfallchirurgie als einen wichtigen Bereich innerhalb der chirurgischen Fächer seien ebenfalls maßgebliche Säulen der DIVI, die nun gestärkt werden. „Die entscheidenden Kriterien der optimalen notfallmedizinischen und intensivmedizinischen Patientenversorgung haben Eingang in die geplante Reform gefunden!“
Leistungsgruppen: unter Beteiligung der Fachgesellschaften an Finanzmodellen arbeiten
Natürlich fängt die eigentliche Arbeit jetzt erst an. Das Gesetz ist noch in der Entstehung und viele Fragen stehen im Raum. Allen voran die nach der Finanzierung: „Die Leistungsgruppen in NRW sind ursprünglich – wie der Name schon sagt – für die Abbildung von Leistungen entwickelt worden und nicht für Abrechnungen“, gibt Prof. Gernot Marx (rechts im Foto), Vize-Präsident der DIVI und Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care am Universitätsklinikum zu bedenken. Seit mehreren Jahren werde bereits daran gearbeitet und gefeilt. „Querschnittsfächer wie Anästhesie oder Radiologie tauchen hier jedoch nicht auf. So ist für uns Intensivmediziner derzeit eine Frage, wie man den Aufwand dieser Fächer zukünftig darstellt“, berichtet Marx. Es gilt jetzt also unter Beteiligung aller Fachgesellschaften, an den Finanzmodellen zu arbeiten!
Als weiteren Meilenstein im Eckpunktepapier hat Vizepräsident Marx zudem den Auftrag der überregionalen Koordination von Versorgungsleistungen durch Universitätskliniken als zentralen Beitrag für eine qualitativ hochwertige Behandlung und Patientensteuerung identifiziert. „Hierdurch ergibt sich die Möglichkeit, die dringend notwendige flächendeckende, intensivmedizinische Telemedizin zur ortsnahen Versorgung auf höchstem Niveau zu implementieren“, sagt Marx. Die DIVI fordert schon lange den Aufbau eigenständiger Intensivzentren. „Mit der Möglichkeit einer Refinanzierung der Leistungen machen wir uns gerne auf den Weg!“
Höhere Qualitätsstandards, Vorhaltebudgets und Zuschläge für die maßgeblichen Säulen der DIVI
Zusätzliche und dauerhafte finanzielle Zulagen werden im Eckpunktepapier zudem den unterfinanzierten Bereichen Pädiatrie, Geburtshilfe, Notfallversorgung sowie Stroke Unit, Spezielle Traumatologie und Intensivmedizin versprochen. „Noch ist das Thema der Finanzierung nicht gelöst“, kommentiert Prof. Florian Hoffmann (links im Foto), Präsident elect der DIVI und Oberarzt im Dr. von Haunerschen Kinderspital München. „Aber es ist ein Lichtblick zu lesen, dass zumindest die derzeitige desaströse Lage der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen erkannt wurde – und die Hoffnung, diese durch die Reformvorhaben absehbar zu verändern.“ Die Pädiatrie sollte hierbei separat gedacht werden und eine differenzierte Ausarbeitung der Leistungsgruppe „Spezielle Kinder- und Jugendmedizin“ erfolgen, fordert der zukünftige DIVI-Präsident. Nur so könne man auch Kindern das komplette Spektrum der Medizin mit allen Subspezialsierungen inklusive Intensiv- und Notfallmedizin zugänglich machen.
Derzeit blickt Hoffmann als pädiatrischer Intensivmediziner jedoch noch eher desillusioniert auf den kommenden Herbst und Winter: „Die Versorgungslage der jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft im vergangenen Jahr während der RS-Viruswelle war eine Katastrophe!“ Seit dem Abflauen der Welle sei bisher nicht viel passiert. „Es wird daher Zeit!“, mahnt Hoffmann. Schließlich sei es an den Ländern, die Reformvorhaben auch in die Tat umzusetzen.
Level-Zuordnung: Drei-Stufen-System ist sinnvoll
In puncto Umsetzung wirbt DIVI-Präsident Walcher für die initial gedachte Zuordnung der Kliniken in unterschiedliche Versorgungslevel. „Es kann nicht jede Klinik ein Maximalversorger sein, alles anbieten und dafür umfangreiches Personal und hochspezialisierte Technik vorhalten. Das ist auch weder sinnvoll noch machbar“, ist Walcher überzeugt. Als Unfallchirurg arbeitet er seit rund 15 Jahren im sogenannten Traumanetzwerk, in dem die teilnehmenden Kliniken drei Level zugeteilt sind. „Der richtige Patient zum richtigen Zeitpunkt in die richtige Klinik“, betont Walcher das Credo, was zu einer Erfolgsgeschichte in der Versorgung der Schwerverletzten geworden ist. „Ich möchte daher die Sorge der Länder versuchen zu zerstreuen!“ Die Zuordnung zu Leveln bedeute keinesfalls eine Bewertung der Qualität.
Die drei DIVI-Präsidenten Walcher, Marx und Hoffmann propagieren die Weiterentwicklung des Models der Levelzuordnung der Krankenhäuser sowie die im Eckpunktepapier erwähnte Festlegung von sachgerechten, bundeseinheitlichen Qualitätskriterien je Leistungsgruppe – zumal die Idee hierzu nicht neu ist. So basiert die Empfehlung der DIVI zur Struktur und Ausstattung von Intensivstationen vom Dezember 2022 bereits auf einem Drei-Stufen-Modell. Im April dieses Jahres haben DIVI und DGINA zudem eine Matrix für die Mindestvorhaltung von Personal und Ausstattung in Notfallzentren definiert – ebenfalls auf der Basis einer dreistufigen Versorgung.
Es sei deshalb nur konsequent, den Weg der Levelzuordnung in der Intensiv- und Notfallmedizin weiterzugehen, appelliert der DIVI-Präsident. „Die Türen unserer Fachgesellschaft stehen bei Fragen hierzu offen!“
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