Der LVR hat mit MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln, dem LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte sowie dem LVR-KULTURHAUS Landsynagoge Rödingen eine Projektfamilie gebildet, die die 1.700-jährige Geschichte jüdischen Lebens im Rheinland sichtbar macht. In das Projekt fließen Eigenmittel und Mittel der Regionalen Kulturförderung des LVR in Höhe von rund 1,2 Millionen ein. Der LWL mit seiner Kulturstiftung bringt sich in die Kooperation mit dem LVR ein und unterstützt 24 Kulturprojekte fast aller Kultursparten in Westfalen-Lippe mit rund 800.000 Euro. Mit dem Förderaufruf der LWL-Kulturstiftung konnten Netzwerke und Kulturschaffende der Region in der Fläche angesprochen werden.
„Jüdisches kulturelles Erbe und Leben sind Teile unseres bunten, geschichtlich gewachsenen und zeitgenössischen Kulturmosaiks in ganz NRW“, so Ulrike Lubek, LVR-Direktorin, „darüber hinaus betrachten wir aber diese Partnerschaft vor allem als gemeinsamen Beitrag in einem gesellschaftspolitischen Diskurs und als eine gemeinsame Positionierung gegen antisemitische Tendenzen und für kulturelle Vielfalt“.
„Schon oft haben die beiden Landschaftsverbände kooperiert. Aber der Zusammenarbeit zu diesem Themenjahr kommt dabei eine besondere Bedeutung zu: Wir wollen dem vielfältigen jüdischen Kulturleben in unserem Land eine Bühne bieten. Denn die Vergangenheit und jüngste Ereignisse verpflichten uns dazu, uns mit aller Kraft und Kompetenz antisemitischen Strömungen entgegenzustellen“, unterstreicht Matthias Löb, LWL-Direktor und Vorstandsvorsitzender der LWL-Kulturstiftung.
„Allen LVR-Projekten im Themenjahr ist gemein, jüdische Kultur und Geschichte als Teil der deutschen und europäischen Gesamtgeschichte herauszuarbeiten. Unsere LVR-Kultureinrichtungen, die die historischen Spuren und die Gegenwart jüdischer Geschichte und Alltagskultur im Rheinland erforschen, leisten hierbei seit mehr als 30 Jahren einen nachhaltigen Beitrag“, wie Milena Karabaic, LVR-Dezernentin Kultur und Landschaftliche Kulturpflege, betont. Dieses Selbstverständnis wolle man durch die Bündelung der Kompetenzen spür- und sichtbar über Verbands- und Ländergrenzen hinaustragen.
„Unsere Aktivitäten ermöglichen im Verbund einen sehr differenzierten Blick auf jüdisches Leben in Deutschland, der vielfältige Anknüpfungspunkte für einen interreligiösen Austausch bietet“, fasst Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger, LWL-Kulturdezernentin und Vorstandsmitglied der LWL-Kulturstiftung zusammen. Gemeinsam böten die LWL-Kulturstiftung und der LVR mit ihren unterschiedlichen Schwerpunkten 2021 ein attraktives Kulturprogramm für ganz NRW (demnächst auf einer gemeinsamen Internetseite), dessen Höhepunkt die von der LWL-Kulturstiftung mit 94.000 Euro geförderte Wanderausstellung „Menschen, Bilder, Orte – 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ des LVR-Jüdischen Museums MiQua sei.
Die Wanderausstellung: „Menschen, Bilder, Orte – 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“
Das MiQua – LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln hat eine Ausstellung konzipiert, die mit vier multimedialen Ausstellungskuben im nächsten Jahr durch NRW tourt: Sie startet in der Alten Synagoge – Haus jüdischer Kultur in Essen (März bis April 2021), geht in das LWL-Landeshaus in Münster (Mai bis Juni 2021) und in das LVR-Landeshaus in Köln (Juli bis August 2021) und macht Station im LVR-Niederrheinmuseum in Wesel (Mitte August bis Mitte Oktober 2021) und im Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Dortmund (Mitte Oktober bis Dezember 2021).
Anfangspunkt der Ausstellung ist das von Kaiser Konstantin im Jahr 321 erlassene Dekret, das den Provinzhauptstädten im Römischen Imperium die Berufung von Juden in den Stadtrat gestattete. Als älteste erhaltene Quelle weist es auf die Existenz von Juden im deutschsprachigen Raum hin. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen bedeutende und weniger bekannte Persönlichkeiten: Ihre Lebenswege spiegeln markante Ereignisse und Epochen jüdischer Geschichte in Deutschland wider. In den Themen: „Recht und Unrecht“, „Leben und Miteinander“, „Religion und Geistesgeschichte“ sowie „Gesichter, Geschichten und Gefühle“ werden die 1.700-jährige Geschichte und Geistesgeschichte des Judentums in Deutschland erfahrbar.
In Essen gastiert die Ausstellung von März bis April 2021, was Dr. Uri-Robert Kaufmann, Leiter der Alten Synagoge – Haus jüdischer Kultur, besonders hervorhebt: „Wir freuen uns sehr, den Ausstellungsaufschlag hier in Essen zu feiern – an einem Ort, der baulich für die Erinnerung an jüdischen Glauben und programmatisch für den Austausch zwischen Religionen und Kulturen steht.“ Ein Programm aus Führungen, Vorträgen und Veranstaltungen stehe für den interkulturellen und interreligiösen Dialog, der in der Alten Synagoge seit ihrer Eröffnung 1980 als Gedenkstätte, besonders aber seit 2010 gelebt werde. Auch an den übrigen Stationen flankierten individuelle Begleitangebote die Ausstellung und schärften so den Blick für das heutige Miteinander und die Gemeinsamkeiten in der Geschichte.
Der Förderschwerpunkt der LWL-Kulturstiftung
Mit einem eigenen Förderprogramm von rund 800.000 Euro rief die LWL-Kulturstiftung im Sommer Akteurinnen und Akteure aus ihren erprobten Kulturnetzwerken, aber auch neue Kooperationspartnerinnen und -partner wie jüdische Kultusgemeinden zur Beteiligung auf. 24 Projekte in 14 Städten, darunter Bochum, Siegen, Gronau, Bielefeld, Münster, Minden, sowie in digitalen Formaten formen daraus ein Veranstaltungsprogramm mit Lesereisen, Film- und Konzertreihen, Tanz- und Theaterperformances, traditionellen Klängen und Schlagermelodien, Medienprojekten, Klanginstallationen und Ausstellungen. Neben bekannten Kulturorten gibt es dabei auch ungewöhnliche Plätze zu entdecken, die auch acht der insgesamt elf in Westfalen-Lippe beheimateten jüdischen Gemeinden sowie die jüdische Gemeinde in Enschede (Niederlande) eingebracht haben.
Ein Beispiel für ein Kooperationsprojekt ist das Vorhaben des Förderkreis Alte Synagoge Epe in Gronau (Kreis Borken) zusammen mit verschiedenen Partnern aus der Kulturszene und der jüdischen Gemeinschaft der Grenzregion: Unter dem Titel „Nicht nur Klezmer – Vielfalt erleben“ initiiert der Förderkreis im Herbst 2021 in der Musikstadt Gronau, den Niederlanden und an der Landesmusikakademie Heek (Kreis Borken) ein Musikprojekt zu jüdischen Klängen von der Romantik bis heute.
Schon unmittelbar nach dem offiziellen Start des bundesweiten Themenjahres am 21. Februar füllt sich auch in Westfalen-Lippe der Veranstaltungskalender: Das Theater im Pumpenhaus in Münster lädt Anfang März mit dem Tanz- und Performance-Festival „ISRAEL IS REAL“ zu einem international besetzen Programm ein, das aktuelle Positionen der jüdisch-israelischen Szene präsentiert.
Von Juli bis September bietet dann der „Jüdische Kultursommer“ der jungen Künstlerszene aus der Region eine Bühne im Jüdischen Museum Dorsten (Kreis Recklinghausen). Im November wartet ein besonderer Höhepunkt auf das Publikum: Im LWL-Preußenmuseum Minden wird aus Anlass der Wiedereröffnung des Hauses mit der Schau „Jüdisch? Preußisch? Oder was?“ (11.11.2021 – 11.09.2022) die neue Sonderausstellungsfläche eingeweiht. Über das ganze Jahr verteilt bieten diese Projekte zusammen mit den 21 weiteren Angeboten ein durchgängiges Veranstaltungsprogramm in der Region Westfalen-Lippe.
Das Portfolio der LVR-Projektfamilie
Von März bis Dezember 2021 gastiert die Wanderausstellung „Menschen, Bilder, Orte – 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ an fünf Orten in NRW. Vortragsveranstaltungen z.B. zum Dekret in Köln, zur Synagogenarchitektur in Stommeln, zum Thema „rituelle Reinheit“ in Zülpich, eine Podiumsdiskussion zu LGBTQ mit Keshet Deutschland und evangelischen, katholischen und muslimischen Vertreterinnen und Vertretern in Bonn oder ein Tora-Workshop sowie Lesungen, Konzerte, Podiums- oder Künstlergespräche ergänzen das umfassende Rahmenprogramm an allen Standorten der Wanderausstellung
Kurz vor Vertragsabschluss steht eine Ausstellungs-Kooperation zwischen dem LVR-Museum MiQua und Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums Köln: Die Präsentation gibt Einblicke in vielfältige Zugänge zu Vergangenheit und Zukunft jüdischen Lebens und wird ein Höhepunkt im Jubiläumsjahr sein.
Kooperationen des LVR-Museum MiQua mit der Universität zu Köln, der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Freien Universität Berlin prägen das Sommersemester 2021: Eine wissenschaftliche Fachtagung an der Heinrich-Heine-Universität im April stellt die Frage „Wie können jüdische Geschichte, Religion und Kultur als fester Bestandteil der europäischen bzw. deutschen Geschichte und Kultur deutlich gemacht werden?“. Das Archäologische Seminar der Uni Köln bietet das Seminar „Archäologische Quellen zum jüdischen Kulturerbe des ersten Jahrtausends“ an. Das Institut für Jüdische Studien der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf fragt nach „Schriftlichkeit und Liturgie der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde in Köln“ und der Studiengang Public History der Freien Universität Berlin untersucht Theorien und Formen der Geschichtsdarstellung und beleuchtet die Bedeutung von Historischem Lernen und Geschichtskultur.
Zwischen April und Oktober 2021 stellt eine mobile Ausstellung des LVR-KULTURHAUSES Landsynagoge Rödingen an verschiedenen Standorten im Rheinland wichtige Aspekte der rheinisch-jüdischen Geschichte vor. Anknüpfungspunkt sind jeweils die jüdische Geschichte vor Ort, um so auch die Menschen zu erreichen, die sich sonst nicht mit dem Thema „Jüdisches Leben“ in Vergangenheit und Gegenwart beschäftigen.
Ein Social-Media-Projekt der Landsynagoge soll niederschwellig über das Themenjahr informieren, unterhalten und zum Dialog anregen, um so an ein digital-affines Publikum herangetragen zu werden: Geplant sind Postings auf ihrem Instagram-Kanal, mit kurzen Informationen zu jüdischen Persönlichkeiten aus dem Rheinland und der weiten Welt, Rezepten, Film- und Buchtipps und Veranstaltungshinweisen.
Als erste Institution in NRW überhaupt nimmt das LVR-KULTURHAUS Landsynagoge Rödingen bereits seit 2008 regelmäßig aktiv am „Europäischen Tag der jüdischen Kultur“ (ETdjK), jährlich am ersten Sonntag im September, teil. 2021 wird die Landsynagoge für das gesamte Rheinland erstmals ein gemeinsames Veranstaltungsprogramm initiieren, in dem die verschiedensten Initiativen ihre jeweiligen Aktivitäten vorstellen können.
Das bundesweite Themenjahr
In ganz Deutschland wird 2021 zum Deutsch-Jüdischen Jahr aufgerufen, initiiert von dem Verein „321-2021: 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ in Köln, der das bundesweite Programm unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bündelt und sichtbar macht. Umfangreich gefördert wird das Themenjahr durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen und die Stadt Köln.
Das Edikt von 321 – Die Publikation
Über das Edikt von 321 hat das MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln den einführenden Text „Das Dekret von 321: Köln, der Kaiser und die jüdische Geschichte“ – in Deutsch und Englisch veröffentlicht. Diese Publikation kann beim MiQua kostenfrei angefordert werden.
Bestelladresse:
MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier, Augustinerstr. 10-12, 50667 Köln oder per E-Mail an: miqua@lvr.de
Weiterführende Informationen ›
Das Förderprogramm der LWL-Kulturstiftung zum Themenjahr „2021: Jüdisches Leben in Deutschland“ in einer Übersicht
Übersicht der im Jubiläumsjahr 2021 bisher von MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln und LVR-KULTURHAUSES Landsynagoge Rödingen geplanten Veranstaltungen
LWL-Kulturstiftung
Presseseite des MiQua
Blog des MiQua
LVR-KULTURHAUS Landsynagoge Rödingen
Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) arbeitet als Kommunalverband mit rund 19.000 Beschäftigten für die 9,7 Millionen Menschen im Rheinland. Mit seinen 41 Schulen, zehn Kliniken, 20 Museen und Kultureinrichtungen, vier Jugendhilfeeinrichtungen, dem Landesjugendamt sowie dem Verbund Heilpädagogischer Hilfen erfüllt er Aufgaben, die rheinlandweit wahrgenommen werden. Der LVR ist Deutschlands größter Leistungsträger für Menschen mit Behinderungen und engagiert sich für Inklusion in allen Lebensbereichen. "Qualität für Menschen" ist sein Leitgedanke.
Die 13 kreisfreien Städte und die zwölf Kreise im Rheinland sowie die StädteRegion Aachen sind die Mitgliedskörperschaften des LVR. In der Landschaftsversammlung Rheinland gestalten gewählte Mitglieder aus den rheinischen Kommunen die Arbeit des Verbandes.
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