Tirols erster Sessellift

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UMGEBAUTE PANZERMOTOREN, FLIEGENDE SESSEL UND ZWÖLF BETTEN
Die Idee war spektakulär, die Umsetzung selbst noch viel spektakulärer. Im Jahr 1946 wurde die Markbachjochbahn errichtet und erhob die Nie¬derau zum Skigebiet. Ein Glücksfall für die gesamte Region, dabei war der Grund für den Bau äußerst tragisch und beinahe wäre das Vorhaben bei der ersten Fahrt durch einen Sessel gescheitert.
Das Holz sieht nicht gerade vertrauenserweckend aus. Gerade einmal einen halben Zentimeter dick, halbkreis¬förmig zugeschnitten, teilweise abgebrochen. Die Lehne: ein Provisorium aus gebogenem Draht, an dem die Jahre nicht spurlos vorübergegangen sind. Daran angebracht ist ein ausgedientes, verzinktes Wasserrohr, das die selbstgebastelte Konstruktion einst mit dem Seil verband. Ein Sessel der ersten Garnitur der Markbachjochbahn in der Niederau. Der Letzte, der noch existiert. Mit einem Lachen greift Peter Schrattenthaler nach der Lehne, rüttelt daran. „Die hält noch immer, auch wenn es nicht so aussieht.“ Die Fahrt mit dem ersten Sessellift Tirols war ein eigenes Unterfangen. Keine Fußstützen. Keine Sicherungskette. „Aber gedacht hat sich niemand etwas dabei“, lacht Peter. „Nicht einmal bei der behördlichen Abnahme des Liftes, die doch etwas unerwartet ablief.“

MIT HOLZ NACH OBEN
Bereits als Kind fährt Peter Schrattenthaler in den selbst¬gebauten Sesseln nach oben, an den ratternden Stützen vorbei. „Ganz zu Beginn waren die Stützen aus Holz, mehr hatten sie für den Bau nicht übrig. Genau genom¬men, ist es ein Wunder, dass der Lift überhaupt errichtet werden konnte. Es war ein Segen für den Ort, auch wenn die Ursache für die Errichtung tragisch war“, beginnt Peter zu erzählen. Er kennt die Markbachjochbahn wie kein anderer. Nachdem er 1976 in Auffach bei dem dortigen Skilift zu arbeiten begann, wechselte er 1991 als Betriebsleiter in die Niederau und blieb bis zu seiner Pen¬sionierung im Vorjahr. Während dem Erzählen beginnt er in den alten Fotos am Tisch zu suchen, Bilder vom Bau der Markbachjochbahn kommen zum Vorschein. „Das war im Jahr 1946. Die Arbeiter kamen von überall her, jeder war froh, irgendwo Geld zu verdienen.“ Es war ein gewagtes Vorhaben, das Sepp Hochmut, der Gründer des Liftes, sich so kurz nach dem Krieg als Ziel gesetzt hatte, doch es war in seinen Augen auch die einzige Möglichkeit, sein eigenes Leben zu retten.

VOM ARM ZUM LIFT
„Sepp hatte im Krieg seinen Arm verloren“, erklärt Peter, nach dem Grund für den Bau der Sesselbahn gefragt. Für den Schlosser bedeutete dies sein be¬rufliches Ende. Er brauchte eine andere Arbeit und so entstand die Idee mit dem Skilift. Das technische Verständnis hatte er, im Gegensatz zum Material. „Doch die Menschen waren erfinderisch. Es wurde alles umfunktioniert, was sie in die Finger bekamen.“ Panzer werden ausgeschlachtet, das Getriebe und die Seilräder für die Seilbahn zweckentfremdet. Ein passendes Seil finden sie in einem Bergwerk. Die Liftstützen zimmern sie aus Holz zusammen. Hoch werden die Stützen nicht. Nicht einmal zwei Meter über dem Boden schweben die Sessel dem Berg entgegen. Teilweise muss unter der Bahn eine Rinne ge¬schaufelt werden, damit die Füße der Fahrgäste nicht in den Schneemassen streifen. Da für den elektrischen Betrieb der Bahn zu wenig Strom zur Verfügung steht, kommt der Diesel¬motor eines Panzers zum Einsatz. „Der wurde an der Bergstation positioniert, was für die Leistung von Vorteil war, jedoch sehr zum Leidwe¬sen der Seilbahnmitarbeiter. Denn so musste in der Früh, einer von ihnen nach oben steigen und den Motor einschalten, damit der Betrieb starten konnte.“ Nicht selten ist es ein Kampf durch hüfthohe Schneemassen.

ABNAHME MIT ABWURF
Weihnachten 1946 rattert zum ersten Mal der Panzermotor, setzt sich der Sessellift zum ersten Mal in Bewe¬gung. Der erste Sessellift Tirols. Der dritte Sessellift Österreichs. „Die drei Lifte wurden quasi zeitgleich erbaut. Die Markbachjochbahn wurde jedoch als letzte abgenommen und für den Betrieb im Jänner 1947 freigege¬ben. Wobei während der Abnahme niemand mehr daran geglaubt hat, nachdem der Sessel abhob.“ Der Be-zirkshauptmann persönlich kommt, um den Lift behördlich zu prüfen. Was er kontrollieren soll, weiß jedoch nicht einmal er selbst, denn die Seilbahnrichtlinien werden erst drei Jahre später festgelegt. Die Aufre¬gung ist groß, als er sich in den ersten Sessel setzt. Alle Blicke folgen ihm. Rund 25 Minuten Fahrt hat er vor sich. Eine Fahrt über verschneite Hänge. Selbst auf der Piste liegt an diesem Tag rund ein halber Meter Schnee. Die ersten Meter. Alles läuft perfekt. Bis zur Stütze. Die Aufhängung des Sessels verliert durch das Vibrieren den Kontakt. Der Sessel kracht mitsamt dem Beamten in den Tiefschnee. „In dem Moment haben wohl alle Anwesenden den Traum vom Sessellift in der Niederau begraben“, erzählt Peter, während er immer mehr zu grinsen beginnt. „Mit der Reaktion des Prüfers hat wirklich niemand gerechnet.“ Minuten später taucht der Beamte auf, den Sessel geschultert und mit einer simplen Empfehlung auf den Lippen. „Die Sessel müsst ihr noch etwas besser festmachen. Was glaubt ihr, was passiert, wenn an der gleichen Stelle noch ein Sessel herunterfällt und genau den ersten trifft.“

DIE ZWÖLF BETTEN
Der Sesselfall am Anfang sollte nicht die einzige Panne bleiben. Einmal fällt eine Stütze um. „Die wurde dann einfach in den Wald befördert und da der Lift an der Stelle dadurch noch niedriger wurde, musste eine extratiefe Rinne in den Schnee geschöpft werden.“ Die ersten Urlauber kommen aus dem Raum rund um München. Viele sind es nicht, aber es sind auch nicht viele Zimmer verfügbar. Gerade einmal zwölf Fremdenbetten beim Simmerlwirt hat die Niederau zu bieten. In der Wörgler Skihütte, dem heutigen Gasthof Rübezahl, kehren die Skifahrer ein. Die Pisten sind kaum präpariert. „Sie hatten damals Handwalzen so breit wie zwei 100 Literfäs¬ser. Einer hielt sie vorne und einer hinten und so ging es den Hang hinab. Manchmal durften auch Schüler gratis nach oben fahren, hinunter mussten sie dafür die Piste flach treten“, erinnert sich Peter.
ABRISSGLÜCK
Recht schnell wird der Lift verbessert. 1949 erfolgt der erste Umbau, Eisenträger der Bahn werden zu Stützen umfunktioniert. „Das einzige Problem dabei, es gab keinen richtigen Zement für das Betonfun¬dament.“ Im Jahr 1971 folgt die Doppelsesselbahn, 24 Jahre später, bereits unter der Leitung von Peter Schrattenthaler wird die erste Gondelbahn in Betrieb genommen. „Die schönsten Momente waren für mich in all den Jahren immer, wenn etwas abgerissen wurde, um für Neues Platz zu machen. Inzwischen bieten wir neben der Gondelbahn zwölf Schlepplifte und eine Vierersesselbahn“, erzählt Peter und blickt stolz zum Fenster hinaus. Noch steht die Bahn, aber in wenigen Wochen geht es wieder los, nimmt die Markbachjochbahn ihren Winterbetrieb auf.

Sache
1946 beschließt Sepp Hochmut, in der Niederau einen Skilift zu errichten. Aus Panzerresten, Holz und Berg¬bauseilen entsteht der erste Sessellift Tirols, der dritte Österreichs. Die För¬derleistung beträgt zu Beginn gerade einmal 120 Personen in der Stunde. Be¬reits drei Jahre nach Inbetriebnahme erfolgen Umbauten, die größer werdende Anlage lockt immer mehr Urlauber an. Heute hat die 1995 anstelle des Ses¬selliftes errichtete Gondelbahn eine Förderleistung von 1.200 Personen pro Stunde, bringt die Skifahrer in ein Skigebiet mit zwölf Schleppliften und einer Vierersessel¬bahn

Text: Ariane Gamper
Fotos: Wildschönauer Bergbahnen

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