Prüfungen, ein schroffer Froschforscher ohne Porsche und eine Erinnerung an einen Vater – Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis

Erstaunlich viel ist in diesem Newsletter von militärischen Dingen, von zum Glück noch lebenden Soldaten, aber auch von einem toten Soldaten die Rede – dem Vater der Schriftstellerin Helga Schubert, dem sie in einer ihrer Geschichten aus dem Buch „Blickwinkel“ eine berührende Erinnerung widmet. Prädikat: Sehr lesenswert. Nun ja, kein Wunder. Es sind Texte von Helga Schubert …

Aber auch in den anderen vier Deals der Woche, die im E-Book-Shop www.edition-digital.de jeweils eine Woche lang (Freitag, 19.10.18 – Freitag, 26.10.18) zum Sonderpreis zu haben sind und in denen Uniformen und militärisches Handwerk eine gewisse Rolle spielen, geht es meist eigentlich doch um etwas anderes, dahinter Liegendes – um Haltungen, um Charakter, um Bewähren und Versagen in mitunter schwierigen Situationen. Das gilt zum Beispiel für das erste Angebot – „Hoffnungen“ von Jürgen Ritschel.

Unter dem Titel „Stärker als mein Nachbar“ hat Günter Saalmann Kindergeschichten für (Groß)Eltern aufgeschrieben.

In „Reini und sein Freund der Funker“ von Hildegard und Siegfried Schumacher kommt wieder eine Uniform vor und ein kleiner Rollerfahrermeister und ein ganz besonderer Kinderroller – einer mit Autohupe, Blinklicht links und rechts, Stopplicht und einem Scheinwerfer mit Auf- und Abblenden. Doch zunächst gibt es ein kleines Problem und dann noch ein größeres …

Außerdem können sich die Leserinnen und Leser dieses Newsletters am Ende als ein Super-Sonderangebot auf ein Buch von Ulrich Hinse freuen. Aber jetzt „Achtung. Stillgestanden! Kehrt um!“ Und „Vorwärts – marsch!“ zum ersten Deal der Woche …

Erstmals 1987 erschienenen im Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik Berlin drei Erzählungen von Jürgen Ritschel unter dem Obertitel „Hoffnungen“: Der Autor erzählt von Jugendlichen der DDR, ihren Lebensauffassungen, Erwartungen und Hoffnungen. An der Schwelle vom Kindes- zum Erwachsenenalter stehen sie vor Entscheidungen, die für ihr weiteres Leben wichtig sind. Ein jeder wird gebraucht, jeder muss seinen Platz finden. Jeder hat seine Chance, aber auch seine Pflichten, und immer werden Lehrer, Eltern oder Vorgesetzte gefordert. Der Autor rückt in den vorliegenden drei Erzählungen Haltungen wie Ehrlichkeit zu sich selbst und zu anderen, Bewähren oder Versagen in schwierigen Situationen in den Mittelpunkt seiner Erkundungen. In „Jagdflieger sein“ hat es sich ein Vierzehnjähriger in den Kopf gesetzt, Jagdflieger zu werden. Gesundheitliche Schäden nach einer Rettungstat werfen all seine Pläne zunächst über den Haufen … Mit welchem Maß an Strenge und Feingefühl kann ein Ausbilder im GST-Lager der Studenten seine Aufgabe lösen? Dieser Frage geht Jürgen Ritschel in der Erzählung „Jochen Winter“ nach. In „Cross auf Lanz Bulldog“ wendet sich der Autor Konflikten zu, die sich in einer achten Klasse ergeben. Auch hier erweist sich der Autor als gut beobachtender Zeitgenosse. Das zeigt sich gleich am Anfang seiner ersten Geschichte aus einem GST-Lager:

Jochen Winter

Herbst. Klare, kühle Luft. Heiße Sonne. Die Wiesen in knalligem Grün. Rot die Fichtenstämme. Zwischen den nadligen Astbüscheln das Gelb der Birken. Hügel, weite und sanfte Täler. Oben der schroffe Granit eines verlassenen Steinbruchs. Dorthin führt Jochen Winter, gedienter Feldwebel, die Männer seiner Seminargruppe.

Er ist uneins mit sich. Seine Prüfungen nach dem ersten Studienjahr waren kein Glanzstück. Zwei Vieren und eine Fünf. Damit hat er den Studentenwettbewerb entsprechend beeinflusst. Er ist der schlechteste Student der Seminargruppe. Ausgerechnet er hat sie nun drei Wochen lang militärisch auszubilden. Eine Zwangslage, die ihn erdrücken will. Noch immer begreift er nicht, weshalb er bei den Prüfungen versagt hat. Am Lernen lag es nicht, auch nicht an seiner Auffassungsgabe. Aber vielleicht war die dreijährige Kluft zu groß zwischen Abitur und Hochschule.

„Ruhe im Glied! Links, zwo, drei, vier. Hinten aufholen!“

Einige murren. „Sonst keine Ahnung, aber sich hier hochschaukeln.“

Solche Bemerkungen gehen Winter unter die Haut. Viele haben höhnisch gelächelt, als er an diesem Morgen, das erste Mal vor der Gruppe stehend, in forscher Art kommandiert hat. Sollte er lasch auftreten, sich hier im GST-Lager Beliebtheit erheucheln? Ist er denn um so vieles schlechter als jene anderen, die bessere Zensuren erreicht haben? Gehört nicht auch ein bisschen Glück zur Prüfung? Er hat die Pflicht, militärisches Wissen zu vermitteln und Können zu trainieren.

Vor ihm stehen Uniformierte. Er ist Feldwebel der Reserve. „Links, zwo, drei, vier! Ruhe im Glied!“ Gäbe er nach, würden sie ihn bald beherrschen und von ihm fordern, die geringste Anstrengung zu unterlassen. Und dann wäre wiederum er, Winter, der Geprellte. Er hätte als Ausbilder nicht verstanden, die geforderten Leistungen durchzusetzen. Winter, der Versager auf der ganzen Linie. Nein! Und keiner hat ein Recht, ihm weiterhin schlechte Studienergebnisse zu unterstellen. Die Mehrzahl kam vom Abitur zur Universität. Bei ihm lagen drei Jahre dazwischen. Er lässt sich nicht beiseiteschieben. Ha, Küchler, dieser kühne Rechner! Mal sehen, was er außer seiner Drei und den zwei Zweien noch zu leisten imstande sein wird. Schulze. Hat die besten Zensuren. Den ärgert der schlechte Gesamtdurchschnitt. Seiner Ansicht nach wäre es besser für Jochen, sich einen anderen Beruf zu wählen. Arschloch! Und Baum, der Professorensohn? Ausgerechnet Baum hat ihn immer wie einen Ebenbürtigen behandelt. Und Baum ist Zweitbester.

„Gruppe, halt! Links – um! Rührt euch! So, Genossen, wir üben bis in Höhe des Steinbruchs Bewegungen im Gelände. Auf das Kommando ‚Stellung!‘ gehen wir in Stellung, und das sieht folgendermaßen aus.“ Winter wirft sich blitzschnell ins Gras und fängt sich erst kurz vor dem Aufprall mit den Armen ab. Eine Haltung wie bei einer turnerischen Übung.

Küchler guckt. Er verzieht sein Gesicht zu einem Ausdruck, der heißen könnte: Alle Achtung! Schaffe ich nie.

Im Liegen erläutert Winter: „Auf das Kommando ‚Bis auf meine Höhe vorwärts gleiten !‘ sieht die Bewegung wie folgt aus.“ Er gleitet zehn Meter gewandt wie eine Echse und zeigt dabei eine Leichtigkeit, die den Männern Anerkennung abringt. „Zum Sturmangriff – vorwärts!“ Winter schnellt in die Höhe, als stützten ihn Startblöcke. „Hurra!“

„Wie im Kino“, sagt Hasel, und mit ihm lachen einige über die Wintersche Ernsthaftigkeit, mit der er im Alleingang den Sturmangriff vorführt. Aber nicht genug. Winter kommandiert sich selbst in schneller Folge, fällt ins Gras, springt auf, gleitet, kriecht, springt auf, rennt, ruft hurra.

„Sollen wir das etwa nachmachen?“, fragt Heuer unbestimmt in die Gruppe hinein. „Bin zu dergleichen absolut nicht in Stimmung.“

„Gut, der Mann“, meint Baum. „Enorme Körperbeherrschung.“

„Wir sind aber zu diesem Studium nicht angetreten, um edle Körperbeherrschung zu demonstrieren“, entgegnet Küchler mit eindeutig anspielendem Unterton auf Winters Prüfungsergebnisse.

„Ein großes Maul ziert den Menschen nicht“, sagt Baum zu Küchler, strafft sein Koppel und zieht die Uniform glatt. Seine Vorbereitung auf die Übung. Er war selbst Soldat. Anderthalb Jahre. Bei der Ausbildung hatte er nie geflucht, auch nicht, wenn er sauer war. Taktik war für ihn Leistungssport. Hier konnte er seine Willenskraft testen.

Jochen Winter kehrt zurück, den Blick auf die Gruppe gerichtet. Er läuft ruhig. Sein Gesicht verrät keine Anstrengung. Das beeindruckt. Auch seine Konzentration und seine große, kräftige Gestalt. Er lässt die Gruppe in Reihe antreten und auseinanderziehen, läuft dreißig Schritt vor die Front und befiehlt: „Genosse Heuer! Bis auf meine Höhe vorwärts gleiten!“

„Wieso ich?“, begehrt Heuer auf und sieht sich Hilfe suchend um. Er blickt in grinsende Gesichter, wird rot, weil er der auserwählte erste ist, der seine Fähigkeit zur Schau zu stellen hat. Winter bleibt ruhig. Er wartet ab. Heuer kniet sich nieder und krabbelt in Kriechstellung.“

Erstmals 1996, im Jahr seines 60. Geburtstages, veröffentlichte Günter Saalmann im Chemnitzer Verlag sein Selbst-Geschenk „Stärker als mein Nachbar“: Kindergeschichten für (Groß-)Eltern nennt Günter Saalmann seine Geschichtensammlung. Lesen wir, was unsere Kinder lesen? Wissen wir, wie unsere Kinder leben? Kleine und große Begebenheiten, Fabelhaftes und Tatsächliches, Satire und Humor findet sich in diesen Texten des bekannten Kinder- und Jugendbuchautors. Ein Buch zum Schmunzeln und Lachen, zum Nachdenken und zum Nach- und Vorlesen für Eltern, Großeltern und solche, die es werden wollen. Zum besseren Verständnis präsentieren wir nicht nur eine vergnüglich-nachdenkliche Geschichte, sondern zunächst das „Tiefsinnige Vorwort“ des Autors zu seinem Buch:

„Man erklärt mir, meine Jugendbücher seien „sehr anspruchsvoll“ und macht dazu ein bedenkliches Gesicht. Kein Jugendlicher verstünde Satire, Hintersinn, Gleichnishaftes, Anspielung auf…

Geschenkt. Ich könnte mit Theodor Storm antworten: „Wenn du für die Jugend schreiben willst, so darfst du nicht für die Jugend schreiben.“ Und mit Rabindranath Tagores früher Leseerinnerung fortfahren: „… und sowohl das, was wir verstanden, wie das, was wir noch nicht verstanden, wirkte in uns weiter.“

Aber anstatt mich zu rechtfertigen, nenne ich die folgenden Geschichten einfach: Kindergeschichten für (Groß)Eltern. Fertig. Ich überreiche mir dieses Bändchen übrigens selbst. Nächstens, zum 60. Die Prosatexte stammen aus mehr als einem Jahrzehnt, sind zum kleinen Teil hier und da schon einmal veröffentlicht, jetzt behutsam redigiert; Fabelhaftes findet sich neben wahrer Begebenheit.

Am Anfang stehen natürlich die älteren Geschichten, deren Tonfall ungelernten deutschen Bundesbürgern vertraut vorkommen dürfte. Für manchen könnte spannend sein, was wir früher mal lustig fanden, und worüber wir heute nicht lachen können. Ich habe im Übrigen aber dann nicht streng chronologisch geordnet, sondern nach dem Prinzip des geeigneten Übergangs. Manchmal allerdings lässt sich der nicht herstellen, dann steht Gereimtes dazwischen, als „Puffer“. (Dazu und für Werbung ist es heutzutage noch gut.) Mag ansonsten die Reihenfolge einmal mehr zum Beweis dienen, wie man Geschichten doch aufeinander folgen lassen kann, die unvereinbar sind wie Feuer und Wasser…

Sehen Sie, da hätten Sie so eine Anspielung.

Chemnitz, 29. Juni 1995“

Und hier wie versprochen noch eine schöne Geschichte – mit Pointe:

Die Schlagzeile

Ein junger Zeitungsreporter kam in seine Redaktion gestürzt: „Soeben habe ich einen Forscher kennengelernt!“

Der Chefredakteur brummte, ohne die Pfeife aus dem Mund zu nehmen: „Das ergibt doch keine müde Zeile, junger Freund! Womit befasst sich denn Ihr Forscher?“

„Mit Fröschen.“

„Aha. Das klingt schon besser. Ein Froschforscher also. Haben Sie ihn beim Forschen erwischt? Kopfabschneiden und so?“

„Das nicht. Sondern beim Durchforschen eines Fachbuchs. Er war ziemlich schroff, als ich ihn störte.“

Der Chef überlegte: „Hm. Ein schroffer Froschforscher demnach. Was genau hat er denn in dem Buch durchforscht?“

„Den Forschungsbericht eines Kollegen.“

„Na sehen Sie! Mit etwas Geschick machen wir eine Kurzmeldung draus: Schroffer Froschforscher durchforscht Froschforschungen.“

„Das war doch nicht alles“, unterbrach ihn der Reporter. Mein Froschforscher hat beim Lesen der Arbeit seines Kollegen etwas gemurmelt: ‚Der geht aber forsch ran‘, hat er gesagt.“

Der Chef sprang auf: „Das gibt die Schlagzeile: Schroffer Froschforscher durchforscht forschen Froschforschers Froschforschungen. Das klingt doch! Sie sind begabt, junger Mann!“

Der Reporter errötete: „Der Zufall wollte es“, sprach er bescheiden, „dass der Froschforscher gerade in einem Porsche saß, als ich ihn ansprach. Deshalb muss die Schlagzeile heißen: Schroffer Froschforscher im Porsche durchforscht forschen Froschforschers Froschforschungen. Oder: Forschen Froschforschers Froschforschungen durchforscht im Porsche schroffer Froschforscher.“

„Wissen Sie was?“ Dem Chef war die Pfeife ausgegangen. „Lassen Sie den Porsche raus. Wir wollen unsere Leser nicht verwirren. Und geben sie’s gleich auf die erste Seite.“

Und so kam es, dass am nächsten Tag die Öffentlichkeit wieder einmal nur unvollständig informiert war.“

Erstmals 1984 brachte der renommierte Aufbau-Verlag Berlin und Weimar unter dem Titel „Blickwinkel“ Geschichten von Helga Schubert heraus. Und zu diesem Buchtitel gibt es eine ganz eigene Geschichte: Dieser Erzählungsband mit 16 poetischen und lakonischen Erzählungen über die Generation, der auch Helga Schubert angehört, also der Kriegskinder in der DDR und im Westen, erschien 1984 im Aufbau-Verlag. Zwei Jahre vorher hatte der Band in der DDR noch keine Druckerlaubnis bekommen und war nur im Westen unter dem Titel „Das verbotene Zimmer“ erschienen. Den Falladapreis, den Helga Schubert dafür im Westen zuerkannt bekam, hatte sie nach Drohungen des ZK der SED, sie nicht wieder einreisen zu lassen, falls sie ihn entgegennehmen sollte, ablehnen müssen. Nun war der Druck im Osten unter dem anderen Titel „Blickwinkel“ doch erlaubt worden, aber drei kritische Texte aus dem „Verbotenen Zimmer“ durften bis zum Ende der DDR nicht erscheinen: „Frühere Standpunkte“, „Mildernder Umstand“ und „Ansichtskarten“ fehlen in dem Buch. Helga Schubert erhielt kurz nach dem Erscheinen vom „Blickwinkel“ den Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR. Eine absurde Geschichte, denn nur zwei Jahre zuvor hatte sie sich den Vorwurf des Analphabetismus anhören müssen, für dasselbe Buch, vom selben Cheflektor, der ihr nun gratulieren musste. Als Beispiel für die Prosatexte von Helga Schubert folgt die schon angekündigte berührende Erinnerung „Mein Vater“:

„Am fünften Dezember denke ich an ihn, jedes Jahr. Früher mussten sie mich noch an das Datum erinnern. Meine Mutter, meine Großmutter sagten dann: Heute ist der fünfte Dezember.

Aber in den letzten Jahren kommen die Gedanken an ihn ganz von selbst, schon einige Tage vorher.

Ende November, die Straße bleibt den ganzen Tag feucht, wenn es morgens nieselt. Das Abendbrot schon bei Lampenlicht, die Wärme beim Eintreten in die Wohnung, der warme Kachelfußboden im Bad morgens. Es wird Winter. Außerhalb der Stadt soll es schon geschneit haben.

Anfang Dezember. Die kurzen Tage. An diesem Tag war er also achtundzwanzig Jahre alt. Achtundzwanzig Jahre, drei Monate und einen Tag genau.

Alles an diesem Tag läuft minutiös für mich ab. Wie in einem Film seh ich ihn vor mir und hab ihn doch nicht gesehn. Keiner, der es mir erzählt hat, hat es mit eigenen Augen gesehen. Und doch denke ich, sie wissen es besser. Hab sie immer wieder gefragt.

Er steht also in einer Reihe mit anderen Männern, die Brille mit dem runden Horngestell. Ein Mann tritt vor und befiehlt ihm, im Wald dahinten Menschen zu suchen, aufzuspüren, die Gegend von ihnen zu säubern, mit einigen anderen.

Aber ist es ihm überhaupt befohlen worden? Er wollte doch Offizier werden, das habe ich in seinen Briefen gelesen. Er wird sich doch nicht freiwillig gemeldet haben? Er wird doch Angst gehabt haben.

Die Beförderung, ja, aber die tödlichen Waffen der anderen, die Gefangenschaft? In der Nähe ein Friedhof, dort lagen schon Kameraden. Sie hatten noch ein Grab bekommen, jeder ein eigenes Grab. Die Erde ließ sich noch ausheben.

Er lief also mit den anderen über das Eis, über einen toten Arm der Wolga, mit Lederstiefeln, in der Sommeruniform, eine Zielscheibe.

Ein Eindringling, ein Feind, vor dem man das Land schützen musste, dachten die Männer im Wald und warfen eine Handgranate. Auf ihn gezielt. Sie mussten mit Munition sparen.

Bemerkte er sie, während er ängstlich in eine andere Richtung sah? In den undurchdringlichen Wald?

Wie sollte er dort Menschen finden, in Erdlöchern, Menschen, die den Wald kannten, jedes Versteck? Wie sollte er dort einen einzigen Menschen finden, in diesem fremden Land, zu Hause …

Auf die Handgranate hat er sich direkt geworfen. Und war sofort tot. Am fünften Dezember neunzehnhunderteinundvierzig. An diesem Tag begann die sowjetische Gegenoffensive.

Was weiß ich von ihm? Er hat mich noch im Frieden gezeugt. Hitlerzeit, aber Frieden. Januar neunzehnhundertvierzig minus neun gleich April neunzehnhundertneununddreißig. Da war noch Frieden.

Als meine Mutter wusste, dass sie schwanger war, gab es immer noch keinen Krieg. Denn es war erst Juni, als sie es sicher wusste. Ihr erstes Kind. Und ihr einziges.

Sie waren fünf Jahre heimlich verlobt, ein Jahr offiziell, jetzt heirateten sie und waren acht Wochen ein richtiger Ehemann und eine richtige Ehefrau. Mit Wohnung am Kreuzberg in Berlin. Die schweren Gardinen, die Lederklubsesselgarnitur, der echte Teppich, das Tafelsilber, das Porzellanservice Maria Weiß. Und die modernen Ansichten von der Ehe:

Beide wollten sie arbeiten, Mittagessen natürlich im Restaurant. Acht Wochen eine richtige Ehe mit Nachhausekommen, Erwarten, Erwartetwerden, Gespräche über die Tagesarbeit, den geplanten Lampenkauf.

Am vierten September 1939 hatte mein Vater Geburtstag, seinen sechsundzwanzigsten. Da war er schon Soldat, da wurde schon geschossen, angeblich zurück. Vom Januar 1940 bis zum Dezember 1941 hat er noch gelebt, einige Urlaubstage zu Hause.

Zur Taufe sein Foto mit der halbweißen Stirn, die sonst unterm Stahlhelm steckte. Im Herbst das Foto im eleganten Anzug, meine Mutter im Seidenkleid, in einem Park mit Tauben, mit einem kleinen Kind im Arm. Im Winter in Uniform im Schnee mit meiner Mutter und einem kleinen Kind im Kinderwagen, auch im Park.

Dann das Foto von seinem fast zweijährigen Kind und seiner Frau, die Zähne entblößt zum Lächeln, mit todernsten Augen. Dies Foto kam zurück an die Absenderin, zusammen mit dem übrigen Päckcheninhalt, den Weihnachtsplätzchen, den gestrickten Handschuhen, der Weste und seinen Ringen, dem Ehering und dem Siegelring, der Stein ein Bluttopas. Das Päckchen hat er nicht mehr bekommen.

Fürs Vaterland, auf dem Felde der Ehre, im Kampf gegen die Bolschewisten in deren eigenem Land.

Zu Hause hat er immer gleich die Uniform ausgezogen. Keiner Fliege konnte er etwas zuleide tun, aber im Krieg nahm er einem alten russischen Bauern die einzige Kuh weg. Fleischbeschaffungskommando, schrieb er.

Er war groß und breitschultrig, als Student war er in einer schlagenden Verbindung, ruderte, lief Mittelstrecken. Es gibt ein Foto von ihm in pfauenhafter Aufmachung. Er konnte Rauch nicht leiden – sein Bruder musste den rauchigen Anzug im Wohnungsflur aufhängen, wenn er vom Tanzen kam.

Er war streng erzogen. Pünktlich um sechs Uhr abends war er zu Hause beim Abendbrot, weil es danach nichts mehr gab. Die Jungens wurden von früh an Ordnung gewöhnt. Als kleines Kind saß er, wie seine Mutter sagte, stundenlang ruhig am Fenster, wenn Besuch da war. So ein gut erzogenes Kind hatte es in Schwedt noch nicht gegeben.

Aber auch in Greifswald, nach dem Umzug der Eltern, fiel die Familie auf. Die Mutter gab Hausunterricht für die Söhne der reichen Bauern aus umliegenden Dörfern, damit sie das Einjährige schafften. Der Vater promovierte summa cum laude in Staatswissenschaften und wurde, so steht es auf seinem Grabstein, Mittelschulkonrektor. Auch er kam mittags pünktlich um zwölf Uhr in der Schulpause nach Hause. Wenn die Glocken läuteten, goss meine Großmutter die Kartoffeln ab.

Der Bruder war zwei Jahre jünger und starb zwei Jahre später. Auch im Krieg. Seine Mutter überlebte ihn um siebenundzwanzig Jahre, aber sein Vater nur um vier. Ich kann mich an meinen Vater nicht erinnern. Aber ich lebe mit ihm: seinen Aussprüchen, seiner Kindersprache, seinen Fotos mit den kurzsichtigen Augen, seiner zerschlagenen Wange, seinen weiten Anzughosen, seinen Ruderholmen in den Händen, seiner Zärtlichkeit, seinem Humor, seinem ausgeglichenen Wesen, seiner Anziehung, seinem wiegenden Gang, seinen früheren Freundinnen, seiner vermeintlichen Arroganz, seinen Locken, als er drei war, seinem Ring mit dem Bluttopas, der für mich enger gemacht wurde. Denn ich war wie er, hatte seinen wiegenden Gang, sein ausgeglichenes Wesen, seine Sprunghaftigkeit, seine Begeisterungsfähigkeit, seine großen Hände, seine schweren Augenlider.

Ich war nicht nur ganz mein Vater, ich wurde geliebt als sein Kind von seiner Mutter und seiner Frau. Diese Ähnlichkeit, und sie hat ihn doch gar nicht mit Bewusstsein gesehn. Hab immer seine Nase nicht, doch habe nur sein Herz, sangen sie abends an meinem Bett.

Er hat so viel erlebt, und es gab so viel von ihm zu erzählen, dass sein Leben wie ein aufgeblättertes Buch vor mir lag. Ich war zwanzig. Was hat er da gemacht?“

Erstmals 1969 veröffentlichte der Kinderbuchverlag Berlin in seiner Reihe „abc – ICH KANN LESEN“ für Kinder ab sechs Jahren das Buch „Reini und sein Freund der Funker“ von Hildegard und Siegfried Schumacher: Reini ist der beste Rollerfahrer, ein Rollermeister. Das ist ja auch kein Wunder. Mit Hilfe seines Freundes, des Funkers, hat er den Roller aufgerüstet mit einer Autohupe, Blinklicht, Stopplicht und einem Scheinwerfer. Nachdem sein Freund den Scheinwerfer repariert hat, hat er seinen Schraubenzieher bei Reini liegenlassen. Reini weiß, dass sein Freund das Werkzeug dringend benötigt. Als er zur Bushaltestelle rollert, fährt der Bus gerade weg. Der kleine Rollermeister will den Schraubenzieher zum Bahnhof in der Stadt bringen. Aber der Zug mit dem Funker fährt schon um 10 Uhr. Noch aber ist es noch nicht ganz soweit:

Reini und sein Freund der Funker

Die Feriensonne guckt ins Zimmer. Reini steht vor dem großen Spiegel und kämmt sich die Haare. Er kämmt sie genau so, wie Gerhard sie trägt. Gerhard ist Reinis Freund. Heute fährt er zu den Soldaten zurück. Er ist Funker. Er schickt Nachrichten über viele Kilometer durch die Luft. Dazu braucht er nicht einmal eine Telefonleitung. Ein Funker spricht mit den Flugzeugen in der Luft und den Schiffen auf dem Meer. Er weist ihnen den Weg. So ein Funkersoldat ist Reinis Freund.

Im Spiegel kann Reini den Hof überblicken, die roten Stockrosen am Zaun und den Schuppen, in dem sein Roller steht. Gerhard kommt durch die Hoftür. Klein ist er im Spiegel und weitab. Er kommt auf das Haus zu, wird immer größer im Spiegelglas. Seine Schuhe glänzen wie schwarze Lackschuhe, so blank sind sie geputzt. Und die Mütze hat Gerhard ein bisschen schief aufgesetzt. Reini beugt sich aus dem Fenster und ruft: „Ich wollte dich gleich nach dem Frühstück besuchen! Gestern abend hatte ich Panne.“

„Dann hol schnell deinen Roller“, sagt Gerhard. „Mein Bus fährt bald.“

„Schon heute vormittag?“, fragt Reini. „Punkt zehn dampft mein Zug aus dem Bahnhof“, sagt Gerhard. „Ich darf meine Funkerfreunde nicht warten lassen.“

Reini holt den Roller. Ein ganz besonderer Roller ist das. Gerhard hat eine Autohupe angebaut, Blinklicht links und rechts, Stopplicht und einen Scheinwerfer mit Auf- und Abblenden. Der Scheinwerfer brennt nicht. Reini ist aber der Rollermeister seiner Klasse. Sein Fahrzeug muss verkehrssicher sein.

Aus der obersten Uniformtasche zieht Gerhard seinen Schraubenzieher. Reini weiß, diesen Schraubenzieher mit dem durchsichtigen Griff hat Gerhard immer bei sich. Er schraubt an dem Scheinwerfer herum und sagt: „Das werden wir gleich haben.“ Einen Draht klemmt er fest, der lose herunterhängt. Er schraubt. Er knipst. Der Scheinwerfer brennt. Gerhard blendet auf, Gerhard blendet ab. „So“, sagt er, „nun muss der Roller halten, bis ich wieder Urlaub habe.“

„Willst du keine Probefahrt machen?“, fragt Reini.

Gerhard fährt eine Runde um den Hof. „In Ordnung“, sagt er dann und guckt auf seine Uhr. „Jetzt muss ich mich beeilen.“

„Ich komme mit“, sagt Reini. „Der Koffer kann auf dem Roller fahren.“

„Mach’s gut! Meine Beine sind länger als deine. Der Bus wartet nicht.“ Und schon ist Gerhard vom Hof.

Schade, dass der Bus nicht wartet. Reini putzt an seinem Roller herum. Er putzt den Lenker, er putzt die Schutzbleche. Der Roller ist aber auch so blitzblank. Als ihn Reini in den Schuppen fahren will, sieht er auf dem Fenstersims einen Schraubenzieher liegen. Gerhards Schraubenzieher! Wenn er den nicht hat, kann er nicht gut arbeiten.

Reini rennt ins Haus. „Mutti“, ruft er, „Gerhard hat seinen Schraubenzieher vergessen! Ich bringe ihn zum Bus.“ Er knallt die Tür hinter sich zu und saust mit dem Roller vom Hof. Dort vorn ist die Haltestelle. O Schreck, das Rücklicht blinkt, der Bus fährt ab! „Halt!“, schreit Reini. „Halt!" Aber niemand hört es. Immer kleiner wird der Bus. Er verschwindet in der Kurve hinterm Dorf.“

Der Band zum Super-Sonderpreis von nur 99 Cents stammt wie schon eingangs erwähnt von Ulrich Hinse und trägt den Titel „Die 13. Plage oder Wessen Brot ich esse“: Die 13. Plage der Menschheit – das ist der internationale Terrorismus heute. Um seine große Liebe Jenny aus einem Bordell zu befreien, schließt Boomer einen Pakt mit dem Teufel. Unvermittelt finden sich die beiden in einem Ausbildungslager der Al-Qaeda wieder, wo Boomer zum Sprengstoffspezialisten wird. Um zurück nach Europa zu kommen, schließen sie sich einer Terrorgruppe an und bereiten sich mit ihr auf einen Anschlag  in Nordeuropa vor. Als Jenny erkennt, dass ihre Heimat Mecklenburg-Vorpommern ins Fadenkreuz gerät, sucht sie Hilfe bei Kriminalhauptkommissar Raschke, einem Erzfeind aus vergangenen Tagen. Doch kann sie das Schicksal aufhalten? Ein packender Roman vor einem hochaktuellen Hintergrund. Wer sich beim Lesen von Hinses Roman „Blutiger Raps“ fragte, ob Jenny und Boomer die Flucht aus dem russischen Gefangenenlager überlebt haben, kann in diesem Buch das weitere, schwere Schicksal der beiden Jugendlichen verfolgen.

Ulrich Hinse hat sein Buch mit einigen bemerkenswerten Vorbemerkungen sowie einem Prolog versehen. Hier sind beide:

„Personen und Handlungen dieses Romans sind frei erfunden. Gewisse Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und tatsächlichen Ereignissen wären rein zufälliger Natur, ausgenommen davon sind in der Weltöffentlichkeit bekannte Personen und Ereignisse der nahen Zeitgeschichte.

Besonders bedanken möchte ich mich: bei meiner Frau Karin für ihre Hilfe, meine weibliche Hauptperson gefühlvoll zu beschreiben, bei Erika Nagel für die Geduld mit meiner eigenwilligen Grammatik, bei Charlotte Fleischer für allerlei Tipps, Fachchinesisch verständlicher zu machen, bei Gerd Thielmann für juristische Hinweise, bei Harald Bruder für die russischen Dialoge, bei Reinhard Müller für die rheinischen Dialektbeiträge, bei Herta, Josef gen. Pep und Christian Eckmair auf Teneriffa, bei Ernst F. Löhndorff † für geografische Besonderheiten am Khaiber und last but not least bei meiner Lektorin Carola Herbst für die entscheidenden Veränderungen, damit aus einem Manuskript ein spannendes Buch wird.

Prolog

Am langen Strand an der Hohen Düne, auf der anderen Seite von Warnemünde, da, wo man nur mit der Fähre oder nach einem langen Umweg durch die Rostocker Heide hingelangen kann, aalten sich nur wenige Urlauber am Strand, der sich im Osten im Dunst verlor.

Südlich der Straße von Warnemünde nach Markgrafenheide, im Rostocker Marinehafen, ließ geschäftiges Treiben auf wichtige Ereignisse schließen. Neben hohen militärischen Würdenträgern der Marine, alle in ihren schmucken blauen Uniformen mit den goldenen Kolbenringen an den Ärmeln, hatten sich überraschend viele Zivilisten, jüngere als auch ältere, vor allem aber jüngere Frauen mit Kindern eingefunden.

Plötzlich kam Bewegung in die wartende Menge. Hälse wurden gereckt, als in einer großen schwarzen gepanzerten Limousine der Ministerpräsident des Landes, begleitet von dem ebenfalls schwarzen gepanzerten Fahrzeug seiner Personenschützer, an dem offenstehenden Schlagbaum mit dem salutierenden Marinesoldaten vorbeifuhr.

Der schneidige Marinesoldat im traditionellen Kulani, einem dunkelblauen, zweireihigen, hüftlangen Jackett, und mit seiner weißen Tellermütze, dessen exakt geschnittene Mützenbänder im Wind wehten, salutierte zackig.

Der Wachhabende hatte sofort den Telefonhörer aufgenommen, um dem Kasernenkommandanten die Ankunft des Landesvaters zu melden. Vor dem Offizierskasino rissen Ordonanzen die Wagentüren auf, ein Offizier geleitete den Landesvater in die Lobby, wo ein Admiral dem Politiker die anwesenden Offiziere vorstellte. Im Anschluss an den kleinen Imbiss, zu dem die Ordonanzen alkoholische und alkoholfreie Getränke reichten, ging es zum Appellplatz, wo sich eine recht stattliche Schiffsbesatzung im Karree aufgebaut hatte.

Den Platz umsäumten viele Besucher, von denen sich einige Mütter intensiv um plärrende Kinder kümmerten, die unbedingt zu ihren im Karree stehenden Vätern wollten. Nachdem die Offiziellen aus Politik, Wirtschaft und Militär ihre reservierten Plätze eingenommen hatten, meldete der Kommandant der Fregatte dem Standortkommandanten seine fast vollzählig angetretene Besatzung. Es fehlten die üblichen Unabkömmlichen aus der Maschine, von der Brücke sowie anderen wichtigen Stationen.

Der Standortkommandant wiederum meldete dem Admiral, wobei er zusätzlich noch den Grund für die martialische Veranstaltung nannte. Der Admiral bedankte sich, begrüßte die angetretenen Soldaten, lauschte wohlwollend der vielstimmig gebrüllten Antwort und ließ im Anschluss an die Meldung die Soldaten wieder bequem stehen. Das Marinemusikkorps spielte einen Marsch, dann gab es die erste Rede.

Der Admiral erklärte mit markigen Worten, welche großartige Aufgabe auf die Soldaten warte und warum das Vaterland auf sie stolz sei. Am Horn von Afrika und im Roten Meer hätten sie von nun an ein halbes Jahr Dienst zur Verteidigung des Vaterlandes zu verrichten, sozusagen als Speerspitze im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland werde von der Marine vom Stützpunkt Djibouti aus zwischen Afrika und der arabischen Halbinsel verteidigt. Nicht allein von den Kameraden des Heeres und der Luftwaffe am Hindukusch, wie der Herr Verteidigungsminister vor dem Bundestag erklärt habe.

Nach einem Musikstück schloss sich der Ministerpräsident mit wohlgesetzten Worten seinem Vorredner an. Er wünschte Fortune für die Aufgabe, vor allem aber gesunde Heimkehr von diesem gefährlichen Auftrag. Besonders stolz sei er, dass ausgerechnet die Fregatte mit dem Namen seines Landes diese Aufgabe übernehmen dürfe, um so Mecklenburg-Vorpommern in der Welt bekannt zu machen. Der verhaltene Beifall der Besucher erstarb, als im Anschluss an die Rede die Nationalhymne gespielt wurde.

Die Besatzung der Fregatte marschierte mit einem Lied auf den Lippen, sinnigerweise war es „Schwer mit den Schätzen des Orients beladen“, an den Honoratioren vorbei zum Pier. Dort durften sich die Soldaten noch ein letztes Mal von den Angehörigen verabschieden, danach ging es unwiderruflich an Bord. Kurze Zeit später war das schrille Quieken der Bootsmannsmaatenpfeifen zu hören. Die Soldaten rannten auf ihre Stationen, die Leinen wurden losgeworfen. Langsam schob sich das graue Kriegsschiff aus dem Breitling hinaus auf die Ostsee.

Mit wehmütigen Gedanken sah Kriminalhauptkommissar Raschke, der Chef des Staatsschutzkommissariats der örtlichen Kriminalpolizei, dem Manöver zu. Er fühlte sich an die Zeit erinnert, als er selbst noch als zwanzigjähriger Marinesoldat zur See gefahren war. Vor etwas mehr als dreißig Jahren war das gewesen, zu Zeiten des Kalten Krieges, wo sich Bundesmarine und Volksmarine noch als unversöhnliche Gegner gegenseitig in der Ostsee belauert hatten.

Jetzt war er Mitte fünfzig, hatte der Marine nicht zuletzt aus Liebe zu seiner Frau und den Kindern schon lange den Rücken gekehrt und war bei der Polizei gelandet. Dort hatte er sich bei der Kripo auf den Staatsschutz spezialisiert und vor einigen Jahren die Stelle als Kommissariatsleiter bekommen. Inzwischen waren die Kinder nicht nur aus dem Haus, sondern die ersten Enkel konnten bereits auf den Knien geschaukelt werden. Wenn sie wollten. Meist wollten sie nicht, brüllten wie am Spieß oder durchnässten Opas Hose.

Deshalb war es Raschke sehr lieb, wenn er von befreundeten Dienststellen, und die Bundeswehr gehörte selbstverständlich dazu, zu einem derart zwanglosen Termin eingeladen wurde, wie zu der heutigen Veranstaltung.

„Hallo, Herr Hauptkommissar, schön Sie hier bei uns im Stützpunkt zu sehen. Es ist beruhigend, den Staatsschutz in der Nähe zu wissen, wenn wir gegen den islamischen Terror zu Felde ziehen. Darf ich Sie deshalb mit Ihren Kollegen ins Kasino einladen?“

Überrascht drehte sich der Kriminalbeamte um. Hinter ihm standen freundlich lächelnd zwei Offiziere. Ein Kapitänleutnant, wie an den „Kolbenringen“ am Ärmel der Uniformjacke leicht zu erkennen war und ein Major des Heeres. Genauer der Infanterie, wie die grünen Kragenspiegel verrieten. Raschke konnte sich eine Plattitüde nicht verkneifen. „Ah, Herr Major, wie immer gut zu Fuß und Herr Kaleu, heute trockenen Fußes, wie ich sehe.“

Die beiden Bundeswehroffiziere blieben trotz der ungewöhnlichen Bemerkung weiterhin freundlich und gelassen. Sie schienen Raschkes Sprüche schon zu kennen, deshalb gingen sie auf die Bemerkung nicht weiter ein. Der Polizeibeamte stellte seine Begleiter vor. Zuerst die junge, blonde Frau, die der Kapitänleutnant unverhohlen interessiert musterte. „Meine Herren, ich darf bekannt machen. Brigitte Hessler, seit kurzem Mitarbeiterin in meinem Kommissariat und in der Soko. Die Kriminalobermeisterin steht übrigens unter meinem ganz persönlichen Schutz, Herr Kaleu und der junge Mann neben mir ist Ihnen ja hinlänglich bekannt. Was für Sie neu sein dürfte, ist die Tatsache, dass Oberkommissar Schrader seit vorgestern mein Stellvertreter ist. Er will bestimmt im Kasino eine Runde ausgeben, so wie ich ihn kenne.“

Peter Schrader verzog das Gesicht, nahm aber die Gratulation der Offiziere freundlich entgegen, dann schlenderten die fünf ohne Eile in Richtung Kasino, wobei Schrader eifersüchtig beobachtete, wie sich Biggi, so wurde die zweiundzwanzig Jahre junge Beamtin von allen Kollegen im Kommissariat der Einfachheit halber genannt, mit strahlenden Augen den Marineoffizier ansah. Schrader war nicht mehr verheiratet, und – anders als Raschke – der für Biggi offensichtlich eine Art Vaterersatz darstellte, bemühte er sich bei der Kollegin um anders geartete Kontakte, war dabei aber bisher nicht sonderlich erfolgreich gewesen.“

Bleibt abzuwarten, ob da später vielleicht doch noch was läuft. Aber eigentlich geht es in dem Roman von Ulrich Hinse um weit Spannenderes und Weltbedeutenderes, das auch in der Gegenwart leider noch aktuell ist – den internationalen Terrorismus. Und leider (noch einmal leider) ist die Welt seit der Veröffentlichung der „13. Plage“ nicht unbedingt sicherer oder gar friedlicher geworden. Auch solche Gedanken kommen einem bei diesem Buch …

Und haben Sie übrigens die Anspielung am Ende des Vorworts der Kindergeschichten für (Groß)Eltern von Günter Saalmann auflösen können? Wenn nicht, dann denken Sie mal noch ein bisschen nach.

Viel Spaß beim Nachdenken, viel Spaß beim Lesen, weiter einen schönen Herbst und bis demnächst.

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