Ökonomische Bildung verpflichtend im Schulunterricht verankern

Ökonomische Bildung muss an deutschen Schulen einen höheren Stellenwert erhalten. Dies forderte das Bündnis Ökonomische Bildung Deutschland heute in Berlin. Zu den über 50 Initiatoren zählen Lehrkräfte ebenso wie Verbände und Organisationen aus Wissenschaft und Wirtschaft. Ziel der Initiative ist es, ökonomische Bildung an weiterführenden Schulen verpflichtend in die Lehrpläne zu integrieren und die fachbezogene Qualifizierung der Lehrkräfte zu verbessern. Zudem wird das Bündnis auf eine stärkere Vernetzung aller relevanten Akteure der ökonomischen Bildung hinarbeiten.

Zahlreiche Studien belegen, dass ökonomische Kenntnisse in weiten Teilen der Bevölkerung nicht vorhanden oder nur mangelhaft ausgeprägt sind. Die Schulen greifen bis dato diesen Mangel aber nur sehr begrenzt auf. „Ökonomische Bildung ist im deutschen allgemeinbildenden Schulsystem bisher sehr heterogen verankert und kommt zum Teil nur in homöopathischer Dosis vor. Viele Jugendliche verlassen die Schule heute ohne eine ökonomische Grundbildung“, sagte Prof. Dr. Dirk Loerwald, wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Ökonomische Bildung an der Universität Oldenburg (IÖB), das zu den Initiatoren des Bündnis Ökonomische Bildung Deutschland zählt.

Vor diesem Hintergrund bestehe dringender Handlungsbedarf. „Nur wer über Grundkenntnisse ökonomischer Zusammenhänge verfügt, kann selbstbestimmte und vorausschauende wirtschaftliche Entscheidungen treffen. Fehlende ökonomische Kenntnisse gefährden nicht nur die individuellen Zukunftsperspektiven vieler Bürger, sondern auch unsere soziale Marktwirtschaft insgesamt“, erklärte Prof. Dr. Malcolm Schauf, Präsident des Bundesverbands Deutscher Volks- und Betriebswirte (bdvb), Mitinitiator des Bündnis Ökonomische Bildung Deutschland.

Zu den Initiatoren zählen unter anderem auch der Verband Deutscher Realschullehrer (VDR), weitere Lehrer- und Führungskräfteverbände, gemeinnützige Stiftungen wie die Stiftung Würth, die Joachim Herz Stiftung und die Flossbach von Storch Stiftung sowie die Deutsche Börse AG, die sich im Bereich der ökonomischen Bildung engagiert. Die Initiatoren des Bündnisses sehen es als ihre Aufgabe an, die Stärkung der ökonomischen Bildung auf allen Ebenen voranzutreiben. Im Zentrum stehen müsse dabei eine objektive und fundierte Vermittlung ökonomischer Zusammenhänge, um den Heranwachsenden einen aufgeklärten und reflektierten Umgang mit Wirtschaftsthemen zu ermöglichen, damit sie ihr Leben verantwortungsvoll und eigenständig gestalten können.

„Nur wenn Sinn, Legitimation und Funktionsweise der Wirtschaft eingeordnet werden können, haben Bürger die Möglichkeit, sich als Verbraucher, Arbeitnehmer oder Unternehmer verantwortungsvoll in die Gesellschaft einzubringen. Eine freiheitliche demokratische Grundordnung und eine soziale Marktwirtschaft sind in unserem Land die beiden Seiten derselben Medaille. Wir dürfen keine der beiden Seiten vernachlässigen, indem wir unseren Schülern wichtiges Wissen darüber vorenthalten“, sagte Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des Verbands Deutscher Realschullehrer (VDR). Zur grundständigen Qualifizierung der Lehrkräfte bedürfe es einer Integration der Ausbildung in die jeweiligen Standards der Länder. Nur sach- und fachkundig ausgebildetes Lehrpersonal könne die jungen Menschen entsprechend unterrichten und die erforderliche Unabhängigkeit von möglicherweise interessengeleiteten Einzelinitiativen gewährleisten.

Die Initiatoren des Bündnisses stimmen darin überein, dass Wirtschaftsunterricht in der Schule meist zu kurz kommt. Ökonomische Bildung werde entweder in den Wahlpflichtbereich abgedrängt oder im Verbund mit anderen Fächern unterrichtet, wo sie häufig eine untergeordnete Rolle spiele. „Aspekte der ökonomischen Bildung und verschiedene Perspektiven, auch die unternehmerische, werden in den meisten Bundesländern an allgemeinbildenden Schulen häufig nicht oder nicht ausreichend im Unterricht berücksichtigt“, mahnte Verena von Hugo, Vorstandsvorsitzende der Flossbach von Storch Stiftung, an. „Das Gegenteil wäre richtig. Ökonomische Bildung muss verpflichtend in jedem Bundesland unterrichtet werden.“

Daher wenden sich die Initiatoren in einem vier Punkte umfassenden Appell an alle bildungspolitisch Verantwortlichen in Deutschland.

1) Ökonomische Bildung muss für alle Schülerinnen und Schüler in Deutschland in hinreichendem Umfang und verpflichtend im Schulunterricht verankert werden.

Zur sachgerechten, pädagogisch sinnvollen Behandlung ökonomischer Sachverhalte einschließlich ihrer vielfältigen Bezüge zu anderen gesellschaftswissenschaftlichen Perspektiven bietet ein Pflichtschulfach Wirtschaft den erforderlichen Raum. In Doppelfächern wie Wirtschaft-Politik ist eine hinreichende Verankerung der ökonomischen Bildung sicherzustellen. Dazu gehören eine mindestens gleiche Gewichtung der ökonomischen Inhalte im Vergleich zu anderen Fachgebieten, mindestens 200 Stunden für ökonomische Inhalte in der Sekundarstufe I und eine feste Verankerung im Fächerkanon der gymnasialen Oberstufe (inkl. Berücksichtigung im Zentralabitur).

2) Wirtschaftslehrkräfte müssen fachwissenschaftlich und wirtschaftsdidaktisch qualifiziert sein.

Für alle Lehrkräfte, die das Fach Wirtschaft oder ein entsprechendes Doppelfach unterrichten, ist eine wirtschaftswissenschaftliche und wirtschaftsdidaktische Aus- und Weiterbildung anzubieten. Entsprechende Lehramtsstudiengänge, die von wirtschaftsdidaktischen Professuren verantwortet werden, sind an Universitäten und/oder Fachhochschulen einzurichten. Im Falle von Doppelfächern wie Wirtschaft-Politik sind mindestens die Hälfte der für ein Lehramtsfach zur Verfügung stehenden Kreditpunkte der Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaftsdidaktik zuzuordnen. Bestehendes Lehrpersonal in den Schulen ist durch ein systematisches und flächendeckendes Fort- und Weiterbildungsangebot nachzuqualifizieren. Auch für die Ausgestaltung von innovativen Unterrichtsformen unter Einbindung von außerschulischen Lernorten, Praxiskontakten, Wettbewerben u.v.m. ist eine ökonomisch fundierte Lehrkräfteaus- und -weiterbildung eine wesentliche Voraussetzung.

3) Schüler sollen Bezüge zur Arbeitswelt erleben können.

In den Schulunterricht ebenso wie in das Lehramtsstudium sollten verpflichtend Praktika und Hospitationen integriert werden, die zum Verständnis ökonomischer Sachverhalte, zur Berufswahlkompetenz und Bewerbungsvorbereitung beitragen und Bezüge zur Arbeitswelt herstellen. Von besonderer Bedeutung sind Praktika, die es ermöglichen, Prozesse und Funktionen in Unternehmen zu erleben und aus unterschiedlichen Perspektiven in den gesamtgesellschaftlichen Kontext einzuordnen. Auch Wettbewerbe, die in Zusammenarbeit mit Unternehmen durchgeführt werden können, bieten Schülern ebenso wie den betreuenden Lehrkräften eine Möglichkeit zur praxisorientierten Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen Themen.

4) Deutschland braucht eine nationale Strategie für ökonomische Bildung.

Als Beitrag zur Daseinsvorsorge und Chancengerechtigkeit, zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sowie zur Sicherung von Deutschlands Zukunft als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort sind eine qualifizierte ökonomische Allgemeinbildung und deren Verankerung im Schulunterricht dringend erforderlich. Bund und Länder sind aufgerufen, einen gesicherten Zugang zu einem sach- und fachgerechten schulischen Unterrichtsangebot und entsprechender Weiterbildung über das gesamte Leben für alle sicherzustellen.

Das Bündnis Ökonomische Bildung Deutschland und seine Initiatoren stehen zur Mitwirkung an allen erforderlichen Diskussionen bereit.

 

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