Intensivpflege an der Belastungsgrenze

Der eklatante Mangel an Fachpflegepersonen könnte kurzfristig zu besorgniserregenden Engpässen auf den Intensivstationen führen. Die Erhöhung der Arbeitszeit und ein Aussetzen der Personaluntergrenzen sei keine Lösung des Problems, kritisiert der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK).

Deutschlandweit steigen die Zahlen der Patientinnen und Patienten, die mit COVID-19 auf Intensivstationen versorgt werden müssen. „Man muss keine Mathematikerin sein, um zu wissen, dass die Intensivkapazitäten bei den aktuellen Trends bald erschöpft sind, denn die Zahlen werden zunächst steigen, bevor der Lockdown hoffentlich wirkt“, sagt Professorin Christel Bienstein, Präsidentin des DBfK. „Der Personalmangel besteht nicht erst seit der Pandemie. Wenn die Intensivstationen nun an ihre Belastungsgrenzen stoßen, kann die Lösung nicht lauten, dass infizierte Pflegefachpersonen eingesetzt oder die Arbeitszeiten noch weiter ausgedehnt werden. Hier werden jahrzehntelange Versäumnisse auf dem Rücken der beruflich Pflegenden ausgetragen.“

In der Krise müssten zunächst andere Möglichkeiten ausgeschöpft werden, so der DBfK. In Regionen mit steigenden Infektionszahlen sollten Kapazitäten freigehalten werden, indem beispielsweise Eingriffe, die nicht dringlich sind, verschoben werden, oder Verlegungen in andere Klinken erfolgen. Die dadurch entstehenden Einnahmeausfälle müssten den Kliniken erstattet werden, fordert der DBfK. „Außerdem braucht es ein gutes Personalmanagement und Schulungen, um Mitarbeitende aus geschlossenen Bereichen so einzusetzen, dass sie die Fachpflegenden auf den Intensivstationen entlasten können“, so Bienstein.

Auch über eine regionale Pflegereserve könnten Lösungen für einzelne Einrichtung erreicht werden, wenn eine entsprechend ausgebildete Reserve verfügbar ist. „Dafür müssen Anreize für die Pflegefachpersonen geschaffen werden“, so Bienstein. Über eine Personalaufstockung durch Personalagenturen könne im Einzelfall auch nachgedacht werden, meint der DBfK.

„Vor allem aber muss nun endlich etwas aus der Situation gelernt werden. Die Rahmenbedingungen für die Pflegeberufe müssen verbessert werden, wenn dem gravierenden Personalmangel in der Pflege, der ja nicht nur die Intensivpflege betrifft, etwas entgegengesetzt werden soll“, fordert Bienstein.

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