„Unzivilgesellschaft“: Eine künstlerisch-diskursive Auseinandersetzung mit rechter Gewalt und neonazistischem Terror in Europa

Der europäische Rechtsextremismus ist gut vernetzt und gewaltbereit, rassistische Praktiken scheinen präsenter denn je. Mit dem Projekt „Unzivilgesellschaft“ erweitern die Goethe-Institute in Brüssel, Budapest, Mailand und Oslo den Diskurs über Rechtsextremismus und suchen nach gemeinschaftlichen europäischen Antworten. Die Abschlusskonferenz am 27. November in Brüssel bringt Akteur*innen aus Wissenschaft, Kultur und Politik zusammen, um ihre Rolle im Kampf gegen rechten Terror zu diskutieren. Es sprechen unter anderem der französische Soziologe und Philosoph Didier Eribon über die Anziehungskraft des Faschismus sowie Serpil Temiz Unvar, die nach dem Mord an ihrem Sohn bei den Anschlägen in Hanau die Bildungsinitiative FERHAT UNVAR gründete.

Die NSU-Anschläge oder Attentate in Halle, Hanau und auf der norwegischen Insel Utøya, die Mordserie an Roma in Ungarn oder der rassistische Anschlag im italienischen Macerata zeigen: Rechtsextremismus und Terrorismus sind eine Herausforderung für viele europäische Länder. Seit Jahresbeginn setzten sich die beteiligten Goethe-Institute in digitalen Gesprächsforen, Diskussionen, Film- und Theatervorführungen sowie in Ausstellungen unter möglichst vielen Gesichtspunkten mit dem Thema auseinander.

Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, der bei der Konferenz in die Thematik einführen wird, betont: „Vor zehn Jahren hat sich die rechtsextreme Terrorzelle NSU enttarnt. Rassistisch motivierte Anschläge wie die NSU-Morde aufzuarbeiten, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Rechtsradikalismus und Rassismus sind heute ein Teil deutscher gesellschaftlicher Wirklichkeit. Auch in anderen Teilen Europas nehmen diese Strömungen zu. Deswegen ist es wichtig, dass wir als Goethe-Institut dem Thema die Aufmerksamkeit geben, die es verdient, und zu einer kritischen, transnationalen Debatte in Deutschland und Europa beitragen.“

Die Abschlusskonferenz, die im Théâtre National Wallonie-Bruxelles stattfindet, soll die Vielschichtigkeit rassistischer Praktiken, die Kontinuität der Gewalt, sowie die Vernetzung rechter Strukturen in Europa und darüber hinaus sichtbar machen. Im ersten Panel diskutieren Wilhelm Heitmeyer (Institute for Interdisciplinary Research on Conflict and Violence, Bielefeld), Tore Bjørgo (Centre for Research on Extremism, Oslo) und Manuela Caiani (Scuola Normale Superiore, Pisa) über wissenschaftliche Perspektiven auf rechtsextreme Gewalt und Terrorismus in Europa.

Das zweite Panel, bestehend aus Anna Mirga-Kruszelnicka (European Roma Institute for Arts and Culture), MdEP Pierrette Herzberger-Fofana (Co-President: European Parliament Anti-Racism and Diversity Intergroup) und Elke Kaschl Mohni (Leiterin des Goethe-Instituts Brüssel), spricht über kulturelle und politische Ansätze im Kampf gegen Rassismus und neonazistischer Gewalt.

Im Anschluss an die Konferenz wird im Théâtre National das Stück „EXTREME/MALECANE“ der belgo-italienischen Theaterregisseurin Paola Pisciottano aufgeführt. Dieses dokumentarische Theaterstück beschäftigt sich mit rechten Radikalisierungsprozessen Jugendlicher in Europa.

Bereits am 18. November eröffnet im Brüsseler Kulturzentrum LaVallée die von Ayşe Güleç und Fritz Laszlo Weber kuratierte Ausstellung „Offener Prozess“, die sich dem NSU-Komplex widmet. Künstler*innen wie Želimir Žilnik, belit sağ, Hito Steyerl, Harun Farocki oder Forensic Architecture präsentieren in ihren Arbeiten Positionen zu rechtsterroristischer Gewalt, Alltagsrassismus und institutionellem Rassismus.

Weitere Informationen finden Sie unter:

www.goethe.de/belgien/unzivilgesellschaft

„Unzivilgesellschaft“ ist ein Projekt der Goethe-Institute Brüssel, Budapest, Mailand und Oslo in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern: Beursschouwburg Brüssel, LaVallée Brüssel, Théâtre National Wallonie-Bruxelles, Mertek Media Monitor Budapest, Romano Teatro Budapest, Fondazione Giangiacomo Feltrinelli Mailand, Zona K Mailand Black Box teater Oslo, ASA-FF e.V. Chemnitz, Projekt „Offener Prozess“ Chemnitz, Paola Pisciottano.

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