Dynamic Pricing: Wie Verbraucher flexible Preise wahrnehmen

Flexibilisierte Preisgestaltung: In der Verbraucherwahrnehmung stehen aktuell Kraftstoffe und Lebensmittel / Geringe Wahrnehmung in Produktbereichen mit dynamischer Preisbildung / Deutsche Verbraucher sehen eine flexibilisierte Preisgestaltung überwiegend kritisch

Eine der größten Innovationen im Preismanagement hat Mitte der 80er stattgefunden. American Airlines führten mit dem Revenue Management ein System flexibler Ticketpreise ein. Die beachtlichen Umsatzsteigerungen brachten die margenschwache Airline-Industrie dazu, die neue Technologie schnell als Standard in der Branche zu übernehmen. Der Flugpreis für den Fluggast richtet sich dynamisch nach der Nachfrage. Seither arbeiten immer mehr Unternehmen mit dynamischen Preismodellen. Ein flexibles und dynamisches Pricing wird heute allerdings auch von vielen Unternehmen eingesetzt, die nicht aus der Flug- oder Reisebranchen stammen, so beispielsweise beim Tanken oder beim Online-Shopping. Nicht immer erkennen die Konsumenten, wenn sich Preise für identische Produkte dynamisch während des Tages verändern.

„Die Flexibilisierung von Preisen verspricht für den Anbieter kurzfristig erhebliche Gewinnsteigerungen, allerdings wird häufig vergessen, dass dies nur unter gewissen Voraussetzungen eintritt und sicher kein Automatismus ist. Ein Grund dafür ist die Wahrnehmung von dynamischen Preisen durch die Verbraucher und das damit verbundene Risiko für die Kundenbeziehung“, betont Prof. Dr. Andreas Krämer, CEO der exeo Strategic Consulting AG und Co-Autor der Studie OpinionTRAIN.

Die Ergebnisse der Studie im Überblick:

Flexibilisierte Preisgestaltung: In der Verbraucherwahrnehmung stehen aktuell Kraftstoffe und Lebensmittel  

Um zu erfassen, wie stark Verbraucher eine flexible Preisgestaltung erkennen, wurden die Studienteilnehmenden danach befragt, inwiefern sie persönlich in den letzten Monaten wahrgenommen haben, dass Preise für identische Produkte je nach Zeitpunkt der Anfrage unterschiedlich waren. Die Bewertung erfolgte gestützt – bezogen auf insgesamt acht Produktbereiche – anhand einer 6-stufigen Skala (1 = „Habe ich sehr stark wahrgenommen“ bis 6 = „Habe ich gar nicht wahrgenommen“). Deutsche Verbraucher nehmen besonders in den Bereichen Kraftstoffe (60 % top-2) und Lebensmittel (40 % top-2) eine flexibilisierte Preisgestaltung wahr (in der Schweiz werden dynamische Preise eher auch im Bereich Reise- und Flugbuchungen wahrgenommen).

Bei diesen Produktbereichen werden in Deutschland gleichzeitig aktuell besonders starke Preiserhöhungen gesehen. Der Preis für einen Liter Superbenzin überschritt im Oktober 2021 die Marke von 1,70 EUR (fast 40 % mehr als vor einem Jahr). Zu den Kraftstoffpreisen an Tankstellen liegen vollständige Daten zu Preisanpassungen vor, weil die etwa 14.000 Tankstellen Änderungen der Preise an das Bundeskartellamt (Markttransparenzstelle) melden müssen. Auswertungen zeigen, dass sich die Benzinpreise in einer Stadt oder Region im Tagesverlauf bis zu 20 Cent pro Liter verändern können. Änderungen ergeben sich teilweise stündlich. Zusätzlich hat sich das Interesse der Verbraucher an Energiepreisen erhöht, nachdem der Rohölpreis wieder ein hohes Niveau erreicht hat. Das ist ähnlich bei Lebensmittelpreisen, bei denen 65 % der Verbraucher in Deutschland die Preise höher als vor Ausbruch der Corona-Krise einschätzen.

Geringe Wahrnehmung in Produktbereichen mit dynamischer Preisbildung

Flexible Preise erkennen die Verbraucher am wenigsten bei Reisen mit der Deutschen Bahn oder bei Flugbuchungen. Dies ist erstaunlich, da gerade in diesen Bereichen die Preisgestaltung objektiv sehr variabel ist. Die Anbieter nutzen intensiv Dynamic Pricing. Bei den Ticketpreisen der Deutschen Bahn im Fernverkehr sind die zuggebundenen Sparpreise ähnlich variabel wie bei Airlines. Bei längeren Buchungsfristen ergeben sich niedrige, bei kurzfristiger Buchung höhere Ticketpreise. Im Bewusstsein der Verbraucher scheint diese Preisdynamisierung nicht sehr stark verankert zu sein, möglicherweise auch deshalb, weil das Reisen mit Bahn oder Flugzeug Corona-bedingt eingeschränkt ist. Aber selbst beim eCommerce-Giganten Amazon, der bereits häufiger wegen extremer Preisschwankungen in der Kritik stand, als Pionier des Dynamic Pricing im eCommerce gilt und durch Corona stark an Umsatz gewonnen hat, nehmen die Verbraucher nur begrenzt Preisänderungen wahr: 22 % der Befragten in Deutschland erkennen hier, dass Preise über die Wochentage oder Uhrzeiten variieren, 42 % tun das nicht.

Deutsche Verbraucher sehen eine flexibilisierte Preisgestaltung überwiegend kritisch

Im internationalen Vergleich beurteilen die Verbraucher eine flexibilisierte Preisgestaltung besonders kritisch, und zwar relativ unabhängig vom Produktbereich. In der detaillierten Betrachtung sind vier unterschiedliche Segmente zu unterscheiden, von denen drei eine dynamisierte Preisbildung komplett oder teilweise ablehnen. Nur das Segment der „Indifferent-Positiven“, dem etwa ein Viertel der Befragten zugeordnet wird, steht einer flexibilisierten Preisgestaltung positiv gegenüber.

Für die Anbieter besteht in der Nutzung eines Dynamic Pricing ein erhebliches Risikopotenzial für die Kundenbeziehung. Dies wird z.B. bei Amazon sichtbar. Gerade einmal 12 % der Befragten akzeptieren hier flexible bzw. dynamische Preise (Zustimmung top-2), 47 % lehnen diese ab. Dies ist auch bei den Stammkunden von Amazon der Fall: Kunden, die über ein Prime-Abo verfügen und für das Unternehmen eine besondere strategische Bedeutung besitzen. Aufgrund ihrer erhöhten Einkaufsfrequenz nehmen Prime-Kunden Preisänderungen bei Amazon stärker wahr. Gerade bei älteren Kunden ist die Euphorie für ständig wechselnder Preise sehr begrenzt. So ist es leicht möglich, dass sich nach dem Kauf Frustpotenzial aufbaut, wenn der Preis für das gekaufte Produkt später sinkt und die Käufer das erkennen.

„Für Amazon ist die Nutzung von Dynamic Pricing eine echte Herausforderung. Einerseits sieht sich Amazon als das kundenzentrierteste Unternehmen der Welt, anderseits nutzt Amazon eine flexible und dynamische Preisbildung, um den Produktabsatz zu steuern und bestehende Preisbereitschaften im Markt abzuschöpfen. Sobald bei den Kunden das Thema Preisvariation stärker ins Bewusstsein rückt, könnte die Praxis flexibler Preise zum echten Problem für Amazon werden“, resümiert Johannes Hercher, Vorstand der Rogator AG und Co-Autor der aktuellen Studie OpinionTRAIN.

Kostenfreier Studienbericht: https://www.rogator.de/studienberichte-opiniontrain/

Pressemeldung online: https://www.rogator.de/dynamic-pricing-verbraucher-flexible-preise

Hintergrund der Studie: „OpinionTRAIN“ ist eine repräsentativ angelegte Studie zur Bewertung von Trends und des Wertewandels in der Bevölkerung (Kooperation von der Rogator AG und der exeo Strategic Consulting AG). Grundlage der Untersuchung ist eine Online-Befragung von 2.500 Personen (18-80 Jahre) in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Schweden. Im Aug./Sep. 2021 wurde die dritte Erhebung durchgeführt, nachdem die erste Erhebung (Apr./Mai 2020) die Situation der Menschen zur Zeit des ersten Lockdowns beleuchtete und die zweite Erhebung (Nov./Dez. 2020) den Fokus auf den 2. Lockdown legte.

Über die Herausgeber der Studienreihe „OpinionTRAIN“

Rogator AG

Die Rogator AG steht seit 20 Jahren für leistungsstarke Software und erfolgreiche Online-Forschung. Erfolgsgarant des Unternehmens ist dabei die Kombination aus zuverlässigen Softwareprodukten, fundierten methodischen Kenntnissen im Online-Kunden- und Mitarbeiterfeedback sowie einem umfassenden Full-Service-Angebot: „Combined Competence“ für jedes Befragungsprojekt. Johannes Hercher ist Vorstand der Rogator AG.

exeo Strategic Consulting AG

Die exeo Strategic Consulting AG mit Sitz in Bonn wurde im Jahr 2000 gegründet und ist auf die datenbasierte Entscheidungsunterstützung im Marketing ausgerichtet. Schwerpunkte der Beratungsgesellschaft liegen im Bereich Mobilitäts-, Kundenwert- und Preismanagement. Zur Erarbeitung konkreter Empfehlungen setzt exeo auf die Verknüpfung unterschiedlicher Datenquellen, zu denen auch innovative Befragungen zählen. Prof. Dr. Andreas Krämer ist Vorstandsvorsitzender der exeo Strategic Consulting AG in Bonn und unterrichtet u.a. Preismanagement, CRM, Marktforschung und Statistik an der University of Applied Sciences Europe, Fachbereich Wirtschaft in Iserlohn. Seit 2014 hat er eine Professur für Pricing und Customer Value Management. Er ist zudem Vorstand von VARI (Value Research Institute) in Iserlohn.

Die Studienreihen „OpinionTRAIN“, „Pricing Lab“ und „MobilitätsTRENDS“ sind Kooperationsprojekte der Rogator AG und der exeo Strategic Consulting AG.

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Ansprechpartner:
Johannes Hercher
Vorstand
Telefon: +49 (911) 8100550
E-Mail: j.hercher@rogator.de
Prof. Dr. Andreas Krämer
exeo Strategic Consulting AG
Telefon: +49 (178) 25622-41
Fax: +49 (228) 62978-51
E-Mail: andreas.kraemer@exeo-consulting.com
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