Frauen, Leben, Freiheit: Das deutsche PEN-Zentrum fordert Solidarität und Sanktionen und sprach mit dem Schriftsteller Amir Cheheltan in Teheran

Der Aufruf des deutschen PEN-Zentrums für die iranische Dichterin und Aktivistin Atefeh Chaharmahalian fand in Frankfurt breite Unterstützung: Zahlreiche Besucher der Buchmesse unterzeichneten die PEN-Petition und fordern darin ihre Freilassung. Das deutsche PEN-Zentrum fordert Außenministerin Annalena Baerbock dringend auf, die Petition zu unterstützen und Sanktionen zu verschärfen.

„Atefeh ist eine Dichterin und Aktivistin, die allein für ihre regierungskritische Meinung verhaftet wurde und umgehend freigelassen werden muss“, sagt der iranische Schriftsteller Amir Cheheltan in Teheran, der seit 2005 der Zensur unterliegt und nur im Ausland, auch in Deutschland, veröffentlichen kann. Im neuen PEN-Podcast mahnt Cheheltan, die deutsche Bundesregierung, ihre zu freundliche Haltung gegenüber Iran zu überdenken.

„Priorität in der Politik des Westens hat immer die Wirtschaft, vor allem jetzt, in schwierigen Zeiten der Gas- und Öl-Knappheit nach Russlands Überfall auf die Ukraine“, sagte Cheheltan, „Priorität sollten aber vielmehr die Menschenrechte haben.“

Umso brisanter eine Nachricht vor wenigen Tagen: Gemeinsame Recherchen von Correctiv, taz und netzpolitik.org. ergaben die enge Verflechtung eines deutschen Unternehmens in Meerbusch / Nordrheinwestfalen mit dem iranischen Internetunternehmen ArvanCloud, das  den Aufbau eines abgeschotteten Internets im Iran betreibt. Die Firma dementiert, aber netzpolitik.org schreibt: „Deutsche Ministerien und Sicherheitsbehörden sind alarmiert.“ Unterdessen ist der Protest in Iran unvermindert. Auch in Deutschland demonstrierten Zehntausende für den mutigen Widerstand in Iran.

Atefeh Chaharmahalian ist eine dieser Mutigen. Am 3. Oktober war die Dichterin, Aktivistin und frühere Vorsitzende des iranischen Schriftstellerverbands von Sicherheitskräften verhaftet worden. Jetzt wird sie in Trakt 209 des berüchtigten Evin-Gefängnisses im Norden Teherans festgehalten. Inzwischen hat sie Kontakt zu ihrer Familie, dennoch herrscht größte Sorge.

Atefeh Chaharmahalian wurde 1981 in der Provinz Chuzestan, im Südwesten des Iran, geboren. Ihre erste Gedichtsammlung erschien im Jahr 2000 unter dem Titel „Mashughe Kaghazi“. Sie war im Vorstand des iranischen Schriftstellerverbands und half seit Jahren Kindern und Erwachsenen in Not, ob in den Provinzen Sistan, Balutschistan, Kurdistan oder im Teheraner Viertel Darvazeh Ghar, „Höhlentor“. Sie ist eine der wichtigsten Dichterinnen der postrevolutionären Ära und eine der mutigsten Schriftsteller und Schriftstellerinnen Irans, die für die Meinungsfreiheit kämpfen.

„Autoren und Autorinnen in Iran wie Atefeh Chaharmahalian sind zum Symbol der Freiheit und der Menschenrechte geworden. Ihren Mut gilt es zu unterstützen, gegen staatliche Gewalt, gegen scheinbare ökonomische Zwänge, gegen Aktivitäten vor unserer Haustür, die mit dem Mullah-Regime kooperieren“, sagte Cornelia Zetzsche, Vizepräsidentin und Writers in Prison Beauftragte des deutschen PEN-Zentrums und verweist auf Elahe Mohammadi und Nilufar Hamedi, Journalistinnen, die inhaftiert sind, weil sie die Wahrheit über die Tragödie von Mahsa Aminis Ermordung berichtet haben; auf Rizan Ahmadi, Dichterin, Übersetzerin und Frauenrechtlerin, auf den Kinderbuchautor Seyed Navid Seyed Ali Akbar, Banafshe Kamali , Redakteurin und Literaturwissenschaftlerin, Farshid Ghorbanpour, Buchhändler des virtuellen Buchladens Soren, Mansoureh Mousavi, Schriftstellerin und Forscherin für Frauenstudien und die vielen anderen hinter den Gittern des Regimes.

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