Strom- und Gaspreisbremse: Gesetzeslücke kostet Verbraucher hunderte Euro

Die Energiepreisbremsen benachteiligen Verbraucher, die kürzlich in einen günstigen Strom- oder Gastarif gewechselt sind. Wer am 1. März zu einem Preis oberhalb der Preisbremse beliefert wurde, bekommt die Entlastung für Januar und Februar. Wer dagegen kurz vor oder an diesem Stichtag in einen günstigen Vertrag gewechselt ist, hat seinen Anspruch auf den Rabatt für Januar und Februar verloren. Das hat das Bundeswirtschaftsministerium gegenüber dem Geldratgeber Finanztip bestätigt. Preisbewusste Verbraucher werden durch eine Gesetzeslücke um einen oft dreistelligen Betrag gebracht.

„Einer Münchener Familie, die zum 1. März aus der Grundversorgung in einen Gastarif knapp unterhalb von 12 Cent pro Kilowattstunde (kWh) gewechselt ist, kostet diese Ungerechtigkeit über 200 Euro“, rechnet Energie-Experte Benjamin Weigl von Finanztip vor. Obwohl ihnen im Januar und Februar noch hohe Kosten entstanden sind, fallen sie nun durch das Raster der Preisbremse. Weder der bisherige noch der neue Energieanbieter ist verpflichtet, den Rabatt auszubezahlen. Bei der Gaspreisbremse etwa bekommen ihn nur Verbraucher, die am 1. März mehr als 12 Cent pro kWh bezahlen mussten.

Teurer Tarif brachte Vorteil von bis zu 500 Euro

Nach Finanztip-Recherchen bestand darüber auch in Fachkreisen bis vor Kurzem noch Unklarheit. Energieanbieter wiegelten Nachfragen vieler Betroffener zu diesem Thema ab. Finanztip zufolge haben zahlreiche Verbraucher die Chance genutzt, vor oder zum 1. März zu einem günstigeren Anbieter zu wechseln.

Kurios: Verbraucher, die dagegen pünktlich zum 1. März in einen teuren Vertrag gewechselt sind, profitieren unverhältnismäßig stark von der Strom- und Gaspreisbremse. Wer im Januar und Februar noch unter 12 Cent pro kWh fürs Gas bezahlte und zum Start der Preisbremse zum Beispiel in München in die Grundversorgung (20,89 Cent/kWh) wechselte, bekommt die volle Entlastung für Januar und Februar im März gutgeschrieben. Und das, obwohl der Preis in diesen Monaten noch unterhalb der Preisbremse lag. Laut Finanztip können solche Haushalte um bis zu 500 Euro bessergestellt sein als preisbewusste Haushalte, die den umgekehrten Weg gegangen sind.

In günstigen Tarif wechseln lohnt sich jetzt

„Dieses Durcheinander hätte mithilfe einer gesetzlichen Regelung vermieden werden können“, sagt Benjamin Weigl. Da mit dem 1. März der entscheidende Stichtag mittlerweile verstrichen sei, ändere sich an der momentanen Empfehlung nichts: Ein Wechsel in einen günstigen Strom- oder Gastarif unterhalb der Preisbremse mache sich nun bezahlt. Da die Preise seit Jahresbeginn deutlich gesunken sind, lohne ein Preisvergleich.

Die Strom- und Gaspreisbremse soll Verbraucher im Jahr 2023 von den hohen Energiepreisen entlasten. Der zum Start am 1. März ermittelte Entlastungsbetrag soll anteilig auch für Januar und Februar von den Energieanbietern im März ausgezahlt werden. Die Preisbremse für Gas gilt für 80 Prozent des letzten erfassten Jahresverbrauchs vor dem September 2022. Sie begrenzt den Preis pro kWh auf 12 Cent für Gas. Die Strompreisbremse deckelt den Preis bei 40 Cent pro kWh und gilt für 80 Prozent des aktuell prognostizierten Jahresverbrauchs.

Weitere Informationen:

– Finanztip-Ratgeber / Rechner Energiepreisbremsen: https://www.finanztip.de/gaspreisvergleich/gaspreisbremse/

– Gas: EWPBG § 5 Abs. 1: https://www.gesetze-im-internet.de/ewpbg/__5.html
„Für Letztverbraucher nach § 3 Absatz 1 Satz 3, die in den Monaten Januar oder Februar 2023 mit leitungsgebundenem Erdgas beliefert wurden, ist von dem Erdgaslieferanten, der sie am 1. März 2023 mit leitungsgebundenem Erdgas beliefert, zusätzlich zu den Entlastungen nach § 3 für den Monat Januar oder Februar 2023 jeweils der für den Monat März 2023 nach § 8 ermittelte Entlastungsbetrag zu berücksichtigen. Eine nachträgliche Korrektur von Rechnungen, die der Erdgaslieferant dem Letztverbraucher für den Monat Januar oder Februar 2023 gestellt hat, hat nicht zu erfolgen.“

– Strom: StromPBG § 49 Abs.1: http://www.gesetze-im-internet.de/strompbg/__49.html
„Die Entlastungsbeträge für die Monate Januar oder Februar 2023 werden
1. Letztverbrauchern und sonstigen Letztverbrauchern mit dem Entlastungsbetrag für den Monat März 2023 abweichend von § 4 Absatz 1 von dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen gewährt, das den Letztverbraucher an der betreffenden Netzentnahmestelle am 1. März 2023 beliefert,
2. jeweils nach den Vorgaben des § 4 Absatz 2 aus dem Produkt des Differenzbetrags und des Entlastungskontingents für den Monat März 2023 ermittelt.
Eine nachträgliche Korrektur von Rechnungen, die das Elektrizitätsversorgungsunternehmen dem Letztverbraucher für die Monate Januar oder Februar 2023 gestellt hat, hat aufgrund der Vorgaben des Satzes 1 nicht zu erfolgen.“

– Annahmen für die entgangene Entlastung für Januar und Februar:
gleichbleibender jährlicher Gasverbrauch von 25.000 kWh, Wechsel aus der Grundversorgung in München (20,89 Cent/kWh) in einen Tarif knapp unterhalb der Preisbremse (11,89 Cent/kWh).

– Berechnung: 25.000 kWh x 0,8 = 20.000 kWh (Entlastungskontingent) x 8,89 Cent (Preisdifferenz Vertragspreis/Preisbremse (20,89 Cent–12 Cent)) = 1.778 Euro (Gesamtentlastung Jahr) : 12 = 148,17 Euro (Entlastung pro Monat). Für Januar und Februar ergibt das eine Entlastung von 296,34 Euro.

An Mehrkosten sind im teuren Tarif entstanden: 25.000 kWh x 0,2 = 5.000 kWh (Kontingent, das zum Vertragspreis bezahlt werden muss) x 9 Cent (Preisdifferenz Grundversorgung/günstiger Vertrag (20,89 Cent-11,89 Cent)) : 12 Monate x 2 (für die Monate Januar & Februar) = 75 Euro

Entgangene Entlastung für Januar und Februar: 296,34 Euro – 75 Euro = 221,34 Euro

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