Wenn die Hilflosigkeit kaum auszuhalten ist – was Angehörige von Essstörungspatient:innen tun können

Wenn es warm wird, werden die Körper sichtbarer und damit steigt der Druck, dem gängigen und damit schlanken Schönheitsideal zu entsprechen. Das Risiko, aus einer Diät in eine Essstörung zu rutschen, steigt vor allem in den Frühlings- und Sommermonaten stark an. Neben den Betroffenen leidet auch das Umfeld unter dem psychosomatischen Krankheitsbild, vor allem unter der Hilflosigkeit. Was aber können Angehörige oder Freunde aktiv tun, wenn sie eine Magersucht oder andere Störungen vermuten? Die Badesaison ist bereits in vollem Gange und für viele Menschen bedeutet das Spaß und Entspannung im Freibad oder am Baggersee. Doch für manche kann der „sommerliche“ Druck, eine perfekte Bikini- oder Badehosenfigur zu haben, zu ernsthaften Essstörungen wie Anorexia nervosa und Bulimia nervosa führen, wenn z.B weitere (psychosoziale) Risikofaktoren vorliegen. Diese Krankheiten können lebensbedrohlich verlaufen. Angehörige oder enge Freunde bemerken den Ernst der Lage dabei oft eher als die Betroffenen selbst und müssen in dieser Situation tatenlos zusehen, wie die betreffende Person in gefährliches Diät- und exzessives Sportverhalten abrutscht. Durch eine gestörte Körperwahrnehmung nehmen vor allem untergewichtige Magersuchtpatient:innen sich selbst zudem permanent als zu dick wahr, was die Symptome weiter verschlimmert. Doch was tun, wenn man beim Verwandten oder einer engen Freundin eine Essstörung vermutet? Dr. Carmen Blaschke, Chefärztin der Psychosomatik an der Helios Marien Klinik Duisburg, macht Mut: „Es ist wichtig zu verstehen, dass Angehörige eine große Rolle bei der Unterstützung und Genesung von Menschen mit Essstörungen spielen.“ Für die erfahrene Ärztin sind dabei vor allem folgende Aspekte wichtig: offene und unterstützende Kommunikation, umfassende Information über das Krankheitsbild und die Vermeidung von wertenden Kommentaren über das Gewicht oder Verhalten. Sie können auch aktiv Unterstützung bieten. Wichtig ist zudem, dass Warnsignale, wie ein schneller Gewichtsverlust, verändertes Ess- und Sportverhalten oder Frieren trotz Hitze, erkannt und richtig gedeutet werden. „Nichtsdestotrotz sind Essstörungen komplexe Erkrankungen und Eltern oder Freunde müssen wissen, dass sie die Betroffenen nicht alleine retten können und müssen. Dafür ist professionelle Hilfe von Fachleuten auf diesem Gebiet unerlässlich“, ergänzt Carmen Blaschke. Angehörige können eine wichtige Unterstützung bieten, indem sie ihre Lieben ermutigen, sich Hilfe zu suchen. Manchmal aber ist es schwierig, mit den Betroffenen in Kontakt zu bleiben, denn viele ziehen sich im Zuge der Erkrankung zurück und meiden Situationen, die mit Essen verbunden sind, was zu Depressionen und Ängsten führen kann. Dann ist tatsächlich eine sofortige psychotherapeutische Behandlung erforderlich, die ambulante Therapie, Selbsthilfegruppen und Ernährungsberatung beinhalten kann. Frühzeitige Erkennung und Behandlung verbessern zudem die Prognose. In der psychosomatischen Abteilung der Helios Marien Klinik etwa steht eine ganze Station mit der Spezialisierung auf Essstörungen bei Erwachsenen zur Verfügung. Bei der Therapie wird die Restrukturierung des Essverhaltens mit pflegerischer Essbegleitung durch ein breites Angebot aus Einzel- und Gruppentherapie unterstützt. Dazu kommen Körperbildtherapien und Kreativangebote, Entspannungsverfahren und Einkaufs- und Kochgruppen. Es wird auf aktuelle und frühere Bedingungen und aufrechterhaltende Faktoren geschaut, die an der Entstehung der Essstörung beteiligt waren. Die Behandlungsdauer ist individuell unterschiedlich je nach Schwere und Dauer der Erkrankung oder den zusätzlich vorhandenen psychischen oder psychosomatischen Diagnosen.

 

 

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