Dritter Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit weltweit 2023

Zum dritten Mal nach 2013 und 2017 haben die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die römisch-katholische Deutsche Bischofskonferenz gemeinsam einen Ökumenischen Bericht zur Religionsfreiheit weltweit vorgelegt. Er wurde von Wissenschaftlern und Experten aus kirchlichen Organisationen vorbereitet und trägt den Titel „Eine christliche Perspektive auf ein universelles Menschenrecht“. Der Bericht bilanziert den derzeitigen Stand der Verwirklichung und Verweigerung der Religionsfreiheit weltweit und richtet den Blick dabei in besonderer Weise auf die Christen und ihre Gemeinschaften.

Recht auf Religionsfreiheit für alle Menschen

Der Bericht betont den menschenrechtlichen Charakter der Religionsfreiheit, wie er bereits in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (1948) und in mehreren rechtlich verbindlichen internationalen Konventionen zum Ausdruck gebracht worden ist. Daraus folgt: „Das Recht auf Religionsfreiheit gilt allen Menschen. Insofern beziehen wir Angehörige anderer Religionen ebenso ein wie auch Menschen, die keine Religion haben“, so die Auslandsbischöfin der EKD, Petra Bosse-Huber. Der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfragen, Prof. Dr. Heiner Bielefeldt, ergänzte: „Als universale Rechte kommen die Menschenrechte allen Menschen gleichermaßen zu.“

Gleichwohl sei es berechtigt, dass die Kirchen den Glaubensgeschwistern, deren Religionsfreiheit missachtet wird, besondere Aufmerksamkeit zuwendeten: „Wir als Kirchen in einem freien Land sehen es als unsere Glaubenspflicht, den diskriminierten und manchmal gar massiv verfolgten Christen zur Seite zu stehen. Ihr Leid bedrängt uns. Ihr Schicksal darf uns niemals gleichgültig sein“, erläuterte Bischof Dr. Bertram Meier, Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz.

Zurückhaltender Umgang mit Opferzahlen

Der 182 Seiten umfassende Ökumenische Bericht soll dazu dienen, die Stimme der Kirchen gegenüber der Politik und den internationalen Organisationen sowie in der akademischen und zivilgesellschaftlichen Welt besser hörbar zu machen. Gegenüber anderen Berichten, die von christlichen Organisationen, von Forschungsinstitutionen und UN-Organisationen veröffentlicht werden, zeichne sich der kirchliche Bericht aus Deutschland dadurch aus, dass er Zeugnisse und Informationen aus den Kirchen in anderen Teilen der Welt aufgreife und verarbeite. „Das Netz der Ökumene, das von der evangelischen Kirche gepflegt wird, und der weltkirchliche Austausch im katholischen Bereich sind dicht geknüpft. Gerade aus diesem Informationspool schöpft der Ökumenische Bericht“, so Bischof Meier.

Wie bereits 2013 und 2017 pflege auch der neue Bericht einen zurückhaltenden Umgang mit Opferzahlen, da diese als stets anfechtbar und damit methodisch problematisch eingeschätzt würden. Stattdessen konzentriere er sich darauf, Situationen und Umstände, durch die Christen oder Anhänger anderer Religionen unter Druck geraten, besser zu erfassen. Auf diese Weise soll ein vertieftes Verständnis für die komplexen Zusammenhänge vermittelt werden. Ein umfangreiches Frageraster am Ende des Berichts verdeutliche die Vielzahl von Aspekten, die berücksichtigt werden müssten, um Vorkommnisse und Tendenzen im Bereich der Religionsfreiheit angemessen zur Sprache bringen zu können.

Religionsfreiheit verbunden mit anderen Freiheitsrechten

Die in dem Bericht enthaltenen Analysen und Länderberichte zeigten: Die Religionsfreiheit stehe nicht unverbunden neben den anderen Freiheitsrechten. Wo beispielsweise Versammlungs- und Redefreiheit nicht geachtet würden oder das Prinzip gleicher Rechte für alle Staatsangehörigen zulasten einzelner Ethnien nicht gewährleistet sei, da werde regelmäßig auch die Freiheit der Religion angetastet. Ein umfassender Ansatz der Verteidigung aller Menschenrechte wäre deshalb auch um der Religionsfreiheit willen geboten.

Religionsfreiheit muss sich auch in Deutschland bewähren

Darüber hinaus beschreibt der Ökumenische Bericht einige Spannungsfelder, in denen sich die Religionsfreiheit zu bewähren und zu konkretisieren habe. Dazu zählten Migration, Gendergerechtigkeit, Zivilgesellschaft, Sicherheit, Rechtspopulismus und indigene Völker. Bischöfin Bosse-Huber verdeutlichte den situativen Angang des Berichts am Beispiel der Migration: „Wie können Menschen, die auf der Flucht sind, überhaupt ihr Recht auf Religionsfreiheit ausüben? Wie schützen wir Menschen, die aus dem Iran zu uns geflohen sind, weil sie im christlichen Glauben ihre Freiheit gefunden haben, davor, dass sie zurückgeschickt werden und als Konvertiten in Lebensgefahr geraten?“ Und: „Wie können Arbeitsmigrantinnen (z. B. in den Golfstaaten), die häufig in ihren großen Abhängigkeiten bis zu ausbeuterischen Arbeitszusammenhängen weitgehend unsichtbar bleiben, ihre Religion leben?“

Als Länderbeispiele für den Bericht wurden Äthiopien, Belarus, China, Dänemark, Deutschland, Eritrea, Indien, Israel und Palästina, Myanmar, Russland, Syrien und Irak sowie die Türkei ausgewählt. Hotspots der Repression gegen die Religionsfreiheit seien weiterhin die autoritär-repressiven Systeme, die dem Eigenleben der Religion ablehnend gegenüberstünden, sowie einige muslimische Länder. Doch zeigten die Fallbeispiele Dänemark und Deutschland, dass auch in Staaten, die freiheitlich ausgerichtet seien und ein hohes menschenrechtliches Schutzniveau aufwiesen, die Religionsfreiheit häufig missverstanden und ihr Charakter als Menschenrecht infrage gestellt werde. Professor Bielefeldt erläuterte: „Dies geschieht von unterschiedlichen Seiten her: Während ultrakonservative oder rechtspopulistische Akteure dazu neigen, die Religionsfreiheit ‚klientelistisch‘ in Beschlag zu nehmen, besteht in religionsfernen ‚säkularistischen Milieus‘ gelegentlich die Neigung, ihren Sinn und ihre Aktualität überhaupt in Zweifel zu stellen.“

Religionsfreiheit und Menschenwürde

Mitautor Patrick Roger Schnabel, Theologischer Referent bei der Bevollmächtigten des Rates der EKD, betonte den engen Bezug der Religionsfreiheit zur Menschenwürde: „Wo Menschen nicht mehr sagen und leben dürfen, was sie im Innersten trägt, geht der Gesellschaft ihre Menschlichkeit verloren. Darum müssen wir alle – gleich welcher Überzeugung – für die Freiheit aller eintreten, ihr Leben nach ihrem Glauben, ob transzendent oder immanent begründet, gestalten zu dürfen.“

Kein Schwarz- und Weißdenken

Bischof Meier unterstrich den Anspruch des Ökumenischen Berichts, die vielfältigen Situationen fair und mit einem vertieften Verständnis für komplexe Zusammenhänge zu analysieren: „Wir wollen weder leisetreterisch Verrat an den Menschen üben, deren Rechte eingeschränkt werden, noch wollen wir Missstände in alarmistischem Ton ansprechen, um größere Resonanz zu erzielen. Auch im Bereich der Religionsfreiheit ist nicht alles schwarz und weiß. Und ich bin überzeugt davon, dass Präzision und Faktentreue der Wirksamkeit kirchlichen Handelns im Feld der Menschenrechte nicht entgegenstehen.“

Der 3. Ökumenische Bericht zur Religionsfreiheit weltweit 2023. Eine christliche Perspektive auf ein universelles Menschenrecht sowie weitere Informationen stehen zur Verfügung unter www.ekd.de/religionsfreiheit2023.        

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