Nach Immuntherapie bei Krebs: Troponin zeigt kritische Herzschädigung an

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Heidelberg und der Sorbonne Université in Paris veröffentlichen Studienergebnisse im renommierten Fachjournal Circulation / In der Sektion Kardioonkologie des Universitätsklinikums Heidelberg und des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen NCT Heidelberg werden jährlich rund 1.200 Krebspatientinnen und Patienten mit Herzschäden in Folge der Krebstherapie interdisziplinär betreut

Chemo- oder Immuntherapie gegen Krebserkrankungen können auch das Herz angreifen – diese Nebenwirkungen sind zwar selten, können das Herz aber schlimmstenfalls irreparabel schädigen. Einen zuverlässigen Marker für die Schwere der Herzschäden bei einer bestimmten Immuntherapie haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg und der Sorbonne Université in Paris aktuell im renommierten Fachjournal „Circulation" beschrieben. Dabei handelt es sich um einen „alten Bekannten": das Herzmuskeleiweiß Troponin, das seit rund 35 Jahren zur Diagnostik bei Herzinfarkt herangezogen wird. In einer Studie mit 60 Krebspatientinnen und -patienten, bei denen nach einer Behandlung mit sogenannten Immun-Checkpoint-Inhibitoren Herzprobleme auftraten, zeigte das Eiweiß Troponin T ab einem bestimmten Grenzwert im Blut einen schweren Verlauf der Herzmuskelentzündung mit erhöhtem Komplikations- und Sterberisiko an. Der Artikel wurde im Juni zum „Paper oft the Month" des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung gewählt.

Um die Schlagkraft des körpereigenen Immunsystems gegen Tumoren zu verstärken, kommen in der Krebstherapie seit einigen Jahren zunehmend sogenannte Immun-Checkpoint-Inhibitoren zum Einsatz. Ihre Entwicklung brachte einen Durchbruch in der Behandlung einiger bis dato schwer oder nicht therapierbarer Tumorerkrankungen wie des fortgeschrittenen schwarzen Hautkrebses. Da diese Medikamente allerdings auf einen wichtigen Regulationsmechanismus des Immunsystems einwirken, der Angriffe gegen körpereigenes Gewebe verhindert, kann es während der Behandlungsdauer zu lebensgefährlichen Entzündungen an verschiedenen Organen kommen. „Entzündungen des Herzens sind dabei besonders kritisch, da es bei einem Teil der Betroffenen schnell zu gravierenden Herzschäden kommen kann, wenn die Schwere der Entzündung nicht rechtzeitig erkannt und gegengesteuert wird", erläutert Professor Dr. Norbert Frey, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie am UKHD. „Es fehlen bisher noch Prognosefaktoren, um Patienten mit einem hohen Risiko für diesen schweren Verlauf möglichst frühzeitig zu identifizieren."

Rund ein Prozent aller Patienten, die Immun-Checkpoint-Inhibitoren erhalten, erkranken an einer Herzmuskelentzündung. Da die Entzündung anfangs meist ohne Symptome verläuft, empfehlen die Behandlungsleitlinien in den ersten Monaten der Immuntherapie einen regelmäßigen Herzcheck. Dabei werden zwar bereits Herzeiweiße wie Troponin-T erfasst, die nur dann in größeren Mengen ins Blut gelangen, wenn der Herzmuskel Schaden genommen hat. „Bisher ließ sich daraus nur auf die Herzschädigung als solche schließen. Wir haben anhand unserer Studie nun einen genauen Grenzwert definiert: Stieg die Troponin-T-Menge im Blut in den ersten 72 Stunden nach Verabreichung der Immuntherapeutika über diesen Wert an, hatten die Patienten ein hohes Risiko, im Verlauf der nächsten 90 Tage eine schwere Herzkomplikation wie Rhythmusstörungen oder Herzversagen zu entwickeln", so Erstautor Professor Dr. Lorenz Lehmann, Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie des UKHD. „Dagegen war das Risiko bei Patienten, deren Troponin-T unter dem Grenzwert lag, gering. Troponin-T könnte sich auf Basis unserer Ergebnisse hervorragend dazu eignen, zuverlässig und praxistauglich diejenigen Patienten zu identifizieren, die eine enge Überwachung und möglicherweise intensivere Unterstützung des Herzens benötigen." Vor der Anwendung in der Praxis müssen die Ergebnisse noch in weiteren Studien bestätigt werden.  

Prof. Lehmann leitet die Sektion Kardio-Onkologie der Kardiologie und des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen NCT Heidelberg, in der jährlich rund 1.200 Patientinnen und Patienten mit Herzerkrankungen in Folge einer Krebstherapie im Rahmen einer Spezialsprechstunde betreut werden. Dieses Angebot ist bislang einmalig in Deutschland und daher überregionaler Anlaufpunkt für Betroffene.

 Literatur

Lehmann LH, Heckmann MB, Bailly G, et al. Cardiomuscular Biomarkers in the Diagnosis and Prognostication of Immune Checkpoint Inhibitor Myocarditis [published online ahead of print, 2023 Jun 15]. Circulation. 2023;10.1161/CIRCULATIONAHA.123.062405. doi:10.1161/CIRCULATIONAHA.123.062405

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Sektion Kardio-Onkologie am UKHD

Kardio-Onkologie Heidelberg

Über Universitätsklinikum Heidelberg

Das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für Patientinnen und Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 14.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit rund 2.500 Betten werden jährlich circa 86.000 Patientinnen und Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.100.000 Patientinnen und Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Deutschen Krebshilfe (DKH) hat das UKHD das erste Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg etabliert. Ziel ist die Versorgung auf höchstem Niveau als onkologisches Spitzenzentrum und der schnelle Transfer vielversprechender Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik. Zudem betreibt das UKHD gemeinsam mit dem DKFZ und der Universität Heidelberg das Hopp Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), ein deutschlandweit einzigartiges Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit befinden sich an der Medizinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) rund 4.000 angehende Ärztinnen und Ärzte in Studium und Promotion. www.klinikum.uni-heidelberg.de

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