A Gathering of Stories and Memories im frauen museum wiesbaden

 

Mounira Al Solh – Freedom is a habit
Gladys Kalichini – … these gestures of memory
Margot und die anderen – Zwangssterilisation im Nationalsozialismus

28. Januar 2024 bis 14. Juli 2024
Eröffnung: Sonntag, 28. Januar 2024, 12 Uhr

Das frauen museum wiesbaden eröffnet am 28. Januar 2024 das Ausstellungsprojekt A Gathering of Stories and Memories, das im 40. Jubiläumsjahr des Museums Geschichte(n) als Ganzes in den Blick nimmt.

Das frauen museum wiesbaden macht seit seiner Gründung 1984 in wechselnden Ausstellungen, Forschungsprojekten und Veranstaltungen die Geschichte(n) und Kultur von Frauen sichtbar. In seinem 40. Jubiläumsjahr möchte es nun sowohl aus künstlerischer als auch aus wissenschaftlicher Perspektive mit dem das ganze Haus überspannende Projekt A Gathering of Stories and Memories „Geschichte(n)“ als Ganzes in den Blick nehmen. Mit Mounira Al Solh und Gladys Kalichini präsentiert es zwei herausragende zeitgenössische Positionen, die nicht nur einen Beitrag zur weiblichen Geschichtsschreibung leisten, sondern auch den Zusammenhang zwischen Geschichtenerzählung und Geschichtsschreibung untersuchen. Die zeitgenössischen künstlerischen Positionen treten dabei in Dialog mit der historischen Ausstellung Margot und die anderen – Zwangssterilisation im Nationalsozialismus, die bisher ungeschriebene Stadtgeschichte(n) schreibt und um bisher ungehörte Stimmen und Perspektiven erweitert, die weit über eine Lokalgeschichte hinausgehen. Nicht zuletzt wird durch das Ausstellungsprojekt die Frage gestellt, was es bedeutet, hier und heute zu leben und welche Verantwortung wir alle für dieses „Hier“ und „Jetzt“ tragen.

Die libanesisch-niederländische Künstlerin Mounira Al Solh (*1978 in Beirut, Libanon) erkundet in ihren Installationen, Zeichnungen, textilen Arbeiten und Videos gesellschaftspolitische Themen wie Sprache, Migration, oder kulturelle Heterogenität. Humorvoll und selbstreflexiv untersucht sie in ihrer Arbeit die Probleme und Folgen, die durch Kriege und politische Instabilität verursacht werden, wobei sie hierbei vor allem weibliche Perspektiven schildert. Mounira Al Solh ist Geschichtensammlerin und Geschichtenerzählerin. In ihrer Praxis arbeitet sie oft über einen langen Zeitraum mit Menschen, oftmals Frauen, die Flucht-, Gewalt- oder Vertreibungserfahrungen gemacht haben, zusammen. Gemeinsam mit ihnen erforscht sie Themen wie Erinnerung, Verlust oder Sprache und entwickelt künstlerische Arbeiten, die die Geschichten und Anekdoten dieser Personen in einer Einzigartigkeit und Individualität würdigen und sichtbarmachen, die in der öffentlichen Berichterstattung und in einer weitergehenden Historiografie oft verloren gehen, wenn es um „die Geflüchteten“, „die Migrant:innen“ geht. Gleichzeitig erzählt Mounira Al Solh, gemeinsam mit all den Menschen, die sich ihr anvertraut haben, eine gemeinsame Geschichte vom Leben in unserer aktuellen Zeit und Welt.

Im frauen museum wiesbaden wird nun eine umfangreiche Überblicksschau ihres künstlerischen Wirkens gezeigt – noch bevor Mounira Al Solh auf der Venedig Biennale 2024 den libanesischen Pavillon bespielen wird.

In ihren Arbeiten zeigt Mounira Al Solh auf vielfältige Art und Weise die mannigfaltigen Erscheinungsformen von Geschichte(n) und die vielschichtigen Möglichkeiten, diese zu erzählen. Beispielhaft kann hierfür die Videoarbeit À la santé des alliés (2003-2019) stehen, die anhand der Schilderungen und Erlebnisse einzelner Familienmitglieder – Mounira Al Solh wurde als Tochter eines libanesischen Vaters und einer syrischen Mutter geboren – die politischen Umwälzungen in Syrien und im Libanon der 1950-er und 1960-er Jahre in den Blick nimmt. Auch die fortlaufende Zeichenserie I strongly believe in our right to be frivolous, die zutiefst persönliche Begegnungen und Gespräche zwischen der Künstlerin und syrischen Geflüchteten sowie anderen Menschen aus dem Nahen Osten dokumentiert, die gewaltsam in den Libanon, nach Europa, in die USA und in andere Teile der Welt vertrieben wurden, zeugt von einer anderen Form des Erzählens von Geschichte(n) als einem Moment, an dem Geschichte und Biografie zusammentreffen.

Mounira Al Solh (*1978 in Beirut, lebt und arbeitet in Beirut und Amsterdam) studierte Malerei an der Libanesischen Universität, Beirut, sowie bildende Kunst an der Gerrit Rietveld Academie, Amsterdam. Ihre Arbeiten wurden u. a. auf der Sharjah Biennale (2023), im BALTIC Centre for Contemporary Art in Gateshead (2022), auf der documenta 14, Athen/Kassel (2017), der 56. Venedig Biennale (2015), The New Museum’s Triennial, New York (2012), der Manifesta 8, Murcia (2010/11) sowie der 11. Istanbul Bienniale (2009) ausgestellt. 2023 erhielt sie den ABN AMRO Art Award und gehört zu den sieben Künstler:innen, die für den renommierten Artes Mundi Preis nominiert sind. 2024 repräsentiert sie den Libanon auf der 60. Biennale in Venedig.

In Dialog mit den Arbeiten von Mounira Al Solh tritt eine junge, afrikanische Position, deren künstlerische Arbeit ebenfalls von Geschichten und Geschichtsschreibung geprägt ist. Gladys Kalichini (*1989 in Chingola, Sambia) ist eine zeitgenössische bildende Künstlerin und Forscherin aus Lusaka, Sambia. Sie beschäftigt sich mit der (Un-)Sichtbarkeit von Frauen in der Geschichte des kolonialen Widerstandes, wie auch der Auslöschung von Frauen aus der Geschichtsschreibung Sambias. In ihrem Werk befasst sich Gladys Kalichini mit der Dualität von Erinnerung und Geschichte. In ihrer Installation …these wreaths are laid in honour of her memories gedenkt sie in einem von ihr gestalteten Erinnerungsraum der (un-)sichtbaren Heldinnen der Freiheitskämpfe und thematisiert in der 4-Kanal-Videoinstallation …these practices are done in sharing her stories Erinnerung und Vergessen von Geschichten einzelner Frauen innerhalb des größeren Zusammenhangs der Widerstandsnarrative gegen die Kolonialherrschaft in Sambia und Simbabwe im 20. Jahrhundert. Die Ausstellung ehrt Freiheitskämpferinnen und ist zugleich ein Mahnmal für die individuelle wie auch kollektive Erinnerung selbst, und verdeutlicht, dass Nationen kein Gedächtnis haben. Vielmehr werden einzelne Erinnerungen gewählt, symbolisch fixiert und über Generationen tradiert. Eine Nation stützt sich dabei auf Erzählungen, die wie Mythen und Legenden eine narrative Struktur und eindeutige Aussage haben.

Gladys Kalichini (*1989 in Chingola, Sambia) ist zeitgenössische Künstlerin und Forscherin. Sie promovierte an der Rhodes-Universität in Südafrika und ist Mitglied des Forschungsprogramms Arts of Africa and Global Souths. Ihre künstlerische Arbeit wurde u.a. im Kunstmuseum Wolfsburg (2022), auf der Kochi-Muziris Biennale, Indien (2022) und im Künstlerhaus Bethanien, Berlin (2020) gezeigt. Sie hat 2015 am Àsìkò International Art Programme in Maputo, Mosambik, und 2018 an der zweiten Auflage des Projekts "Women On Aeroplanes" in Lagos, Nigeria, teilgenommen. Zu ihren ausgewählten Residenzen gehören die Fountainhead Residency in Miami, USA (2017) und das internationale Atelierprogramm Künstlerhaus Bethanien Berlin (2019/2020). 2022 erhielt sie den renommierten Henrike Grohs Art Award des Goethe-Instituts. Parallel zu der zeitgenössischen, künstlerischen Auseinandersetzung mit Geschichtsschreibung und Geschichtenerzählung durch Mounira Al Solh und Gladys Kalichini wird mit einer historischen Ausstellung auch aus wissenschaftlicher Perspektive ein Blick auf Geschichte(n) geworfen werden.

Die historische Ausstellung Margot und die anderen – Zwangssterilisation im Nationalsozialismus nimmt hierbei nicht nur die grausame Praxis der Zwangssterilisationen während des Nationalsozialismus an den Menschen, die ihnen nicht in ihr rassistisches, menschenfeindliches System passten, in den Blick, sondern schreibt eine lokale Geschichte Wiesbadens, die bisher kaum beachtet wurde – die Geschichte der Rheinlandkinder, die illegal sterilisiert wurden, nur, weil sie anders aussahen, weil sie die „falschen“ Väter hatten, weil sie nicht „deutsch“ genug waren. Die Ausstellung legt dabei einen besonderen Fokus darauf, die individuellen Geschichten der Wiesbadener Kinder zu schreiben und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zu einer Geschichtsschreibung, die weit über eine lokale Historiografie hinausgeht, zu leisten.

Zur Ausstellung erscheint eine umfangreiche begleitende Publikation, in der die Ausstellungsinhalte wissenschaftlich vertieft werden. Kim Engels (frauen museum wiesbaden), Historiker, Jurist und Heimatforscher Rolf Faber (Vorsitzender des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung), Margret Hamm (Bund der Euthanasiegeschädigten und Zwangssterilisierten), und Peter Gast (Oberstaatsanwalt a.D.) geben in der Publikation einen wissenschaftlichen Überblick über die Geschichte und Praxis der Zwangssterilisation und werfen dabei gleichzeitig einen sehr individuellen Blick auf die Praxis in Wiesbaden.

Die Ausstellung und die Publikation sind das Ergebnis einer mehrjährigen Forschungsarbeit, die durch das frauen museum wiesbaden durchgeführt wurde. Begonnen hat es mit der Geschichte von Margot, einer Frau, die im Kindesalter zwangssterilisiert wurde und sich dem frauen museum wiesbaden anvertraut hat. Sie gab den Anstoß für das Projekt. Zu den vielen nach dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses sterilisierten Kindern und Erwachsenen kann nun eine Gruppe von Wiesbadener Rheinlandkindern hinzugefügt werden, die zwischen 1919 und 1930 geboren wurden. Margots Geschichte ist gleichzeitig die Geschichte vieler Menschen und macht deutlich, wie auch im lokalen, unmittelbaren Umfeld Geschichten und Geschichte untrennbar miteinander verbunden sind.

Über frauen museum wiesbaden / Frauenwerkstatt Wiesbaden e.V

Das frauen museum wiesbaden hat es sich seit seiner Gründung im Jahr 1984 zur Aufgabe gemacht, einen besonderen Blick auf Geschichte und Kultur von Frauen zu richten. In wechselnden Ausstellungen, Forschungsprojekten, Veranstaltungsreihen, Tagungen und Workshops macht das frauen museum wiesbaden die Leistungen von Frauen in Kunst, Geschichte, Gesellschaft, Wissenschaft und Kultur sichtbar, erzählt ihre Geschichten und Perspektiven.

Als Ort für einen offenen Dialog und Wissenstransfer sind die Ausstellungen stets begleitet von einem umfangreichen Vermittlungsangebot wie etwa Führungen, Workshops, Künstler:innengesprächen und Stadtrundgängen.

Für seine Arbeit wurde das Museum 1997 mit dem Kulturpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden ausgezeichnet, wurde 2020 vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst zum Museum des Monats gekürt und ist heute eine international anerkannte Einrichtung im Herzen Wiesbadens.

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