HB-Landesverbände im Norden einig: Politik wird den Herausforderungen der Versorgung nicht angemessen gerecht

Die tagtäglichen Leistungen von Ärztinnen und Ärzten tragen maßgeblich zur Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit der Bevölkerung und somit auch zur wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands bei. Trotz dieser zentralen Rolle sehen sich Niedergelassene und angestellte Ärzte mit zunehmenden Schwierigkeiten konfrontiert: Ausgelastete Krankenhäuser, der Fachkräftemangel und Medikamentenengpässe stellen ernsthafte Hindernisse dar. Bürokratische Vorgaben erweitern das Aufgabenspektrum der Ärztinnen und Ärzte, während versprochene Erleichterungen durch die Digitalisierung bislang ausbleiben.

Das Gesundheitswesen befindet sich im Umbruch. Ein Ende ist nicht absehbar, denn die To-do-Liste des Bundesgesundheitsministers ist lang: Gesetzliche Änderungen sind allerdings primär für die Wirkungsbereiche von Praxisinhabern und Kliniken vorgesehen. Auch der Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) scheint mit seinem jüngst vorgestellten Forderungskatalog die Ärzteschaft zusätzlich in Bewegung halten zu wollen. In diesem Zusammenhang warnen die Vorsitzenden der Hartmannbund Landesverbände im Norden der Republik vor einer gefährdeten Zukunft der gesundheitlichen Versorgung. Es geht für sie schon längst nicht mehr um die Absicherung des Status quo. Das enorme Angebot, die hohe Effizienz und Qualität der medizinischen Leistungen stehen letztlich auf dem Spiel.

„Für junge Kolleginnen und Kollegen wird die Niederlassung immer unattraktiver: Bürokratische Lasten und steigende Arbeitsbelastungen prägen den Praxisalltag, während Wertschätzung und angemessene Leistungsvergütung Mangelware sind. Währenddessen fordert der vdek noch eine Ausweitung des Sprechstundenangebotes von 25 auf 30 Stunden pro Woche. Ich würde von Frau Elsner gern wissen, wie viele Arbeitsstunden pro Woche sie als angemessen bewerten würde. Persönlich übersteige ich die 40 Stunden regelmäßig und das nicht zu knapp. Dem Ärztemangel wird man so keinen Riegel vorschieben“, echauffiert sich der niedergelassene Facharzt für Augenheilkunde, Michael Langholz. Er ist zugleich Vorsitzender des Landesverbandes Bremen. Ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass der Arbeitsalltag von Ärztinnen und Ärzten eben nicht nur aus dem reinen Patientenkontakt besteht, ist ihm ein wichtiges Anliegen.

Prof. Anke Lesinski-Schiedat, Vorsitzende des Landesverbandes Niedersachsen und HNO-Fachärztin, unterstützt die Ansicht ihres Kollegen: „Die medizinisch-ärztliche Versorgung im Norden muss zukunftsorientiert gestaltet werden. Dafür sind strukturelle Anpassungen zwingend notwendig. Die Rahmenbedingungen müssen attraktiver gestaltet werden, damit die junge Generation im Gesundheitswesen nicht nur arbeiten kann, sondern auch will. In diesem Zusammenhang muss auch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in die Pflicht genommen werden. Auch in ihren eigenen Reihen müssen strukturelle Erneuerungen angestoßen werden. Veränderungsforderungen können nicht nur an die Ärzteschaft in Niederlassung und Klinik gerichtet werden. Der Leistungskatalog der GKV sollte gemeinsam mit der Ärzteschaft auf den Prüfstand gestellt werden.“

Ärztliche Leistungen sind auch für Dr. Clemens Rust, niedergelassener Hausarzt in Winterhude, ein wichtiges Stichwort: „Zweifelsohne befinden wir uns in Zeiten des Umbruchs. Durch die Ausweitung von Befugnissen nichtärztlichen Personals im Rettungsdienst oder neue Berufsbilder wie das des Physician Assistant verschwimmen die Grenzen zunehmend. Medizinische Versorgungszentren schießen wie Pilze aus dem Boden, bis zu 1000 Gesundheitskioske möchte Herr Lauterbach bundesweit schaffen.“ Der Hamburger Landesvorsitzende warnt vor einer Entwertung seines Berufsstandes: „Der Hausarzt ist oft der erste medizinische Ansprechpartner für Patienten. Durch eine langfristige Patienten-Arzt-Beziehung entsteht Vertrauen, was besonders wichtig für eine erfolgreiche Behandlung ist. Der Hausarzt koordiniert die Gesundheitsversorgung seiner Patienten und behält den Überblick über deren Gesundheitszustand. Diese ganzheitliche Betreuung ermöglicht eine patientenorientierte Behandlung. Die anderswo schnelle, unpersönliche Abfertigung wird sich noch nachteilig auf unser Versorgungswesen auswirken. Wer unzureichend behandelt wird, muss im Zweifelsfall häufiger einen Arzt konsultieren.“

In einem Flächenland wie Schleswig-Holstein ist eben diese Konsultation oftmals problematisch: „Viele Sitze der Kassenärztlichen Vereinigung sind unbesetzt. Bereits jetzt verzeichnen wir viel zu weite Fahrtzeiten für unsere Patientinnen und Patienten. Dass das insbesondere auch für den Notdienst eine erhebliche Belastung darstellt, ist offensichtlich. Urteile wie das des Bundessozialgerichtes zu der Einbindung von Poolärzten im kassenärztlichen Notdienst verschärfen die ohnehin angespannte Situation zusätzlich. In Schleswig-Holstein können seit Januar dieses Jahres nur noch niedergelassene Kollegen den Notdienst übernehmen, was in einer enormen Einschränkung des Praxisangebots sowie fahrenden Dienstes und schlechteren Versorgung münden wird“, so Dr. Sebastian Gassner, Facharzt für Anästhesiologie und 2. stellvertretender Vorsitzender des Hartmannbund Landesverbandes Schleswig-Holstein.

Bernd Helmecke, Internist und Hartmannbund-Landesvorsitzender Mecklenburg-Vorpommerns, pflichtet seinen Kollegen abschließend bei: „Die aktuelle Situation des Gesundheitswesens muss allumfassend kritisch analysiert werden. Das heißt, dass sich die Debatte nicht nur um Ärztinnen und Ärzte in Niederlassung oder Klinik drehen darf, sondern dass auch das zugrundeliegende System der gesetzlichen Krankenversicherung auf den Prüfstand gestellt werden muss. Die GKV erwartet für das Jahr 2024 ein historisch hohes Milliardendefizit. Die Ausgaben wachsen seit Jahren schneller als die Einnahmen. Das sollte Grund genug sein, auch im eigenen Haus den roten Stift zu zücken. Die Unterstützung von Schlüsselakteuren ist entscheidend, um eine umfassende, qualitativ hochwertige und effiziente Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung zu gewährleisten. Wir Ärztinnen und Ärzte brauchen attraktive Rahmenbedingungen und faire Vergütungen.“

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