Landesgericht Bozen macht kurzen Prozess: Freispruch für oekom-Autor Alexander Schiebel

Alexander Schiebel, Filmemacher und Autor des Buchs »Das Wunder von Mals«, wurde am vergangenen Freitag vom Landesgericht Bozen vom Vorwurf der üblen Nachrede freigesprochen. Der Richter erklärte, dass der Tatbestand in seinem Buch nicht vorliege. Eine genauere Urteilsbegründung wird in den kommenden Wochen erwartet. Nach der bereits im Oktober erfolgten Einstellung des Verfahrens gegen Jacob Radloff, den Verleger des oekom verlags, ist dies ein weiterer wichtiger Erfolg im Kampf gegen die juristischen Einschüchterungs-versuche der Südtiroler Agrarlobby.

­Schiebel hatte in seinem Buch »Das Wunder von Mals« die massive Verwendung von Pestiziden im Südtiroler Apfelanbau angeprangert – und wurde daraufhin vom Südtiroler Landesrat für Landwirtschaft, Arnold Schuler, sowie über 1.300 Obstbäuerinnen und -bauern angezeigt. Seinen unerwartet schnellen Freispruch nahm der Autor mit großer Erleichterung auf: »Wenige Augenblicke nach der Eröffnung des Verfahrens war es auch schon wieder beendet. Der Richter teilte unsere Einschätzung: keine Spur von übler Nachrede. Freispruch. Danke. Auf Wiedersehen. Aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Sieg für die Meinungsfreiheit. Und natürlich eine große Erleichterung für mich und meine Familie.« ­­­­­ ­­­­ ­­

Auch oekom-Verleger Jacob Radloff freut sich über das schnelle Prozessende: »Nach all den Aufregungen rund um die absurden Klagen und den vielen Vertagungen können wir diese ganze kuriose Geschichte endlich zu den Akten legen. Alexander Schiebel ist unschuldig, das Recht auf Meinungsfreiheit war und ist auf unserer Seite. Auch als Verlag gehen wir gestärkt aus dem Prozess hervor: Kritische, engagierte Stimmen müssen gehört werden – auch wenn sie manchmal unbequem sind. Dafür werden wir uns auch weiterhin einsetzen. In diesem Sinne freuen wir uns auch schon jetzt auf das neue Buch von Alexander Schiebel, das wiederum im oekom verlag erscheinen wird.« ­­­­­ ­­­­ ­

Anders als im Fall Schiebels wird der Strafprozess gegen den Agrarreferenten Karl Bär vom Umweltinstitut München weitergehen. Obwohl der Südtiroler Landesrat für Landwirtschaft, Arnold Schuler, bereits mehrfach öffentlich versprochen hatte, seine und alle anderen Anzeigen zurückzuziehen, blieben auch am zweiten Prozesstermin alle 1.376 Anzeigen bestehen. Lediglich die Nebenklägerschaft von Landesrat Schuler und zwei Obleuten von Südtiroler Obstgenossenschaften wurden zurückgezogen. 

­Hintergrund

­­­ ­Im September 2017 stellte Arnold Schuler, der damalige stellvertretende Südtiroler Landeshauptmann und Landesrat für Landwirtschaft, Strafanzeigen gegen Alexander Schiebel, dessen Verleger Jacob Radloff sowie einige Mitarbeiter*innen des Umweltinstituts München. Mehr als 1.300 Landwirt*innen schlossen sich den Anzeigen an. Anlass war die Kritik des Buchautors und der Umweltaktivist*innen am massiven Pestizideinsatz, der in den Südtiroler Obstplantagen allgegenwärtig ist.

Aus Sicht aller Betroffenen sind die Anzeigen und Klagen ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Sie reihen sich ein in eine in ganz Europa immer häufiger angewendete Strategie, Aktivist*innen und kritische Journalist*innen in ihrer Arbeit zu behindern oder einzuschüchtern. Dunja Mijatović, die Kommissarin für Menschenrechte des Europarats, führte den Südtiroler Pestizidprozess als Beispiel sogenannter SLAPP-Klagen an, mit denen Kritiker mundtot gemacht werden sollen. Sie forderte die Justiz im Oktober 2020 öffentlich auf, dagegen aktiv zu werden.

Die Ermittlungen gegen Jacob Radloff und einige Vorstände des Umweltinstituts wurden am 28. Oktober 2020 aus Mangel an Beweisen eingestellt. Nach dem Freispruch Alexander Schiebels am 28. Mai 2021 wird sich Karl Bär am 22. Oktober 2021 erneut vor Gericht verantworten müssen.

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