Covid-19: Prophylaxe bei fehlendem Immunschutz

Sie soll einen schweren Verlauf bei einer Covid-19-Infektion verhindern: die Antikörper-Kombination, die Krebserkrankte seit kurzem in der Onkologischen Ambulanz des Rheinland Klinikums Dormagen erhalten können. „Dazu verabreichen wir bei einem einzigen Termin gleich zwei Spritzen mit verschiedenen Antikörpern in die Gesäßmuskulatur“, erklärt Dr. Ariane Dienst, Leitende  Oberärztin der Onkologie. Sie spricht in diesem Zusammenhang von einem um annähernd 80 Prozent verringerten Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf. Besonders erfreulich: „Die Immunisierung wirkt in Laborversuchen auch gegen die Omikron-SubvarianteBA.5, die aktuell vorherrscht.“ Die Wirksamkeit dieses Depots halte etwa sechs Monate an.

Ein Hoffnungsschimmer für Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist, sei es wegen einer Grunderkrankung oder durch eine notwendige Behandlung wie eine Antikörpertherapie. Für sie kann die passive Immunisierung mit dem Antikörper-Duo Tixagevimab/Cilgavimab eine wirkungsvolle Maßnahme sein. Denn die herkömmlichen Impfstoffe gegen Covid-19 schlagen bei Immungeschwächten häufig nicht oder kaum an. Ein Ersatz für eine Impfung bei Personen, für die eine Covid-19-Impfung empfohlen wird, soll die Antikörper-Kombi jedoch nicht sein.

Das Interesse bei den Dormagener Patientinnen und Patienten ist groß. Doch die Vorgaben sind streng. Für die Prophylaxe kommen Patientinnen und Patienten infrage, die an einer Immunschwäche oder einer Grunderkrankung wie der Chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) oder einem Multiplen Myelom, einer bösartigen Bluterkrankung im Knochenmark, leiden. Oder eine Antikörpertherapie erhalten, die das Immunsystem schwächt. Entscheidende Voraussetzung aber ist, dass im Vorfeld mindestens vier Corona-Impfungen erfolglos waren. „Dieses Impfversagen muss anhand einer Antikörper-Messung im Blut nachgewiesen werden“, erklärt Dr. Ariane Dienst.

Gut einem Dutzend Patientinnen und Patienten hat sie die Zweifach-Spritze bereits gesetzt. So wie Elisabeth Fittgen aus Dormagen, die die Prophylaxe vor einigen Wochen erhielt und sie „gut vertragen“ hat. Das bestätigt auch Dr. Ariane Dienst: „Unerwünschte Nebenwirkungen treten in einem ähnlichen Umfang wie bei herkömmlichen Impfungen auf.“ Gegen einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung geschützt zu sein, war Elisabeth Fittgen sehr wichtig. Ihren runden Geburtstag hat die aktive Seniorin seither gleich dreimal mit unterschiedlichen Personenkreisen gefeiert und sagt zufrieden: „Bisher habe ich Corona nicht bekommen.“ In diesem Zusammenhang weist Dr. Ariane Dienst nochmals ausdrücklich auf die weiterhin empfohlenen Abstands- und Hygieneregeln hin. Denn auch durch die passive Immunisierung wird eine Ansteckung nicht zuverlässig verhindert, ähnlich wie bei der aktiven Impfung.

Für Menschen mit einer Krebserkrankung ist es besonders wichtig, sich vor einer Infektion wie der mit dem Corona-Virus zu schützen. Denn ihr Immunsystem ist aufgrund ihrer Grunderkrankung oder auch wegen der Therapie geschwächt, und somit haben sie ein deutlich erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf. „Eine langwierige Infektion würde außerdem die weitere Krebstherapie verzögern, da die Behandlung bei einem akuten Infekt ausgesetzt werden müsste“, sagt Frau Dr. Dienst. Ausgerechnet bei diesen Patientinnen und Patienten schlagen die herkömmlichen Impfstoffe gegen Covid-19 oft kaum oder gar nicht an.

Doch wo liegt der Unterschied zwischen einer Impfung und der sogenannten  Präexpositionsprophylaxe? Bei den bekannten Corona-Impfungen werden Antigene verabreicht oder die Bildung von Antigenen im Körper stimuliert. Darauf reagiert das körpereigene Immunsystem und bildet dann Antikörper. Ist das Immunsystem geschwächt, fällt diese Impfantwort zu gering aus: Der Körper kann die Viren nicht wirkungsvoll bekämpfen. Bei der passiven Immunisierung, wie sie jetzt die Ärztinnen und Ärzte in der Onkologischen Ambulanz des Dormagener Krankenhauses vornehmen, wird hingegen das wirksame Endprodukt gespritzt: der fertige Antikörper.

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