COVID bei Krebserkrankung: Blutplasma von Genesenen verbessert Infektionsverlauf und Überleben

Ergebnisse der RECOVER-Studie unter Federführung des Universitätsklinikums Heidelberg in „Nature Cancer" erschienen / Mehrere Risikogruppen eingeschlossen, deutlicher Effekt bei Krebspatientinnen und -patienten nachgewiesen 

Kann das Blutplasma genesener COVID-19-Patientinnen und -Patienten mit den darin enthaltenen Immuneiweißen (Antikörpern) andere Betroffene vor schwerem Verlauf und Tod schützen? Diese zu Beginn der Pandemie gehegte Hoffnung bestätigte sich für die meisten Erkrankten nicht. Betrachtet man allerdings ausschließlich die Teilgruppe der besonders durch COVID-19-Erkrankungen gefährdeten Krebspatientinnen und -patienten, ergibt sich ein anderes Bild. Das hat jetzt die multizentrische RECOVER-Studie unter Leitung des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) gezeigt. Krebspatienten, die aufgrund schwerer COVID-Symptome stationär aufgenommen werden mussten und direkt das Blutplasma genesener Personen erhielten, hatten bessere Chancen, die schwere Infektion zu überleben, als nicht mit Plasma behandelte Krebspatienten. Zudem verbesserte sich ihr Zustand schneller wieder. Die Ergebnisse der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit mehr als zwei Millionen Euro geförderten Studie sind in Nature Cancer erschienen.

In der Studie wurden insgesamt 134 stationär behandelte Patientinnen und Patienten an 15 Zentren in ganz Deutschland aufgenommen. Alle gehörten vier zuvor definierten Risikogruppen an: 56 Patientinnen und Patienten litten an einer Krebserkrankung, 16 waren z.B. nach einer Organtransplantation immunsupprimiert, 36 litten an Immunschwächen unterschiedlicher Ursache und 26 galten aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters als besonders gefährdet für einen schweren Verlauf. Alle Teilnehmenden wurden zu gleichen Teilen zufällig auf eine Interventions- und eine Kontrollgruppe zugeteilt: Die Kontroll-Gruppe erhielt die jeweils angezeigte Standardtherapie, die Interventions-Gruppe zusätzlich das Blutplasma gesunder Spender, die eine COVID-Infektion überstanden hatten oder mindestens zweifach geimpft oder beides waren.

Blutplasma von COVID-Genesenen wird für die Transfusion vorbereitet. 

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Die gemeinsame Auswertung aller vier Risikogruppen ergab keinen Genesungsvorteil nach Plasmagabe. In der Einzelbetrachtung jedoch profitierten die Teilnehmenden mit Krebserkrankung erheblich: Ihr Zustand verbesserte sich im Mittel nach 13 Tagen im Vergleich zu 31 Tagen bei der ebenfalls krebskranken Kontrollgruppe. Es verstarben drei von 28 Patienten und damit zwei Drittel weniger als in der Kontrollgruppe (acht von 28 Patienten). „Sowohl die Krebserkrankung selbst als auch die Chemotherapie schwächt das Immunsystem, so dass es nicht mehr ausreichend auf die Infektion reagiert. Auch COVID-Impfungen schlagen bei Krebspatientinnen und -patienten schlecht an", erläutert Studienleiter Professor Dr. Carsten Müller-Tidow, Ärztlicher Direktor der Medizinischen Klinik V für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie am UKHD und im Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg. „Betroffene sind daher besonders gefährdet für einen schweren COVID-Verlauf." Die in die Studie aufgenommenen Patientinnen und Patienten litten überwiegend an Krebserkrankungen des Knochenmarks, z.B. Leukämien, waren aktuell in Behandlung oder hatten in den vergangenen zwei Jahren eine Krebstherapie durchlaufen.

Eine mögliche Erklärung für die klinischen Unterschiede in den Risikogruppen brachte die Analyse der sogenannten neutralisierenden Antikörper, mit deren Hilfe das Immunsystem Infektionen unter Kontrolle bringt: Bei den krebskranken Teilnehmenden in der Interventionsgruppe stieg nach der Infusion des Plasmas die Menge an neutralisierenden Antikörpern im Vergleich zur krebskranken Kontrollgruppe signifikant an. Anders verhielt es sich bei den drei anderen Risikogruppen: Dort stieg die Antikörpermenge in den Interventions- und Kontrollgruppen ähnlich stark an.

„Die Plasmatherapie kann für diese Risikogruppe der Patienten, die nicht ausreichend eigene neutralisierende Antikörper bilden, eine wichtige Therapieoption sein", sagt Erstautorin Privatdozentin Dr. Claudia Denkinger, Leiterin der Sektion Infektions- und Tropenmedizin am Zentrum für Infektiologie. „Insbesondere, da es wenig Alternativen gibt: Künstlich hergestellte Antikörper sind auf bekannte Varianten ausgerichtet und bei neu auftretenden oft weniger effektiv. Frisch gewonnenes Plasma geimpfter und genesener Personen verändert sich dagegen bei jeder Welle in „Echtzeit" mit dem Virus mit." Wichtig sei allerdings ein früher Therapiebeginn.

Die Aussagekraft der Studie ist durch die geringe Anzahl der Patientinnen und Patienten in der Risikogruppe eingeschränkt. Eine große internationale Folgestudie läuft daher bereits unter Federführung des Universitätsklinikums in Melbourne, Australien. „Wenn sich darin unsere Ergebnisse bestätigen, gehe ich davon aus, dass die Plasmatherapie für Krebspatienten in die Regelversorgung aufgenommen wird", sagt Prof. Müller-Tidow. „Besonders gefährdeten Patienten bieten wir diese Behandlung an unserer Klinik bereits jetzt im Rahmen individueller Heilversuche an und machen sehr gute Erfahrungen."

Über Universitätsklinikum Heidelberg

Das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für Patientinnen und Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 14.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit rund 2.500 Betten werden jährlich circa 86.000 Patientinnen und Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.100.000 Patientinnen und Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Deutschen Krebshilfe (DKH) hat das UKHD das erste Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg etabliert. Ziel ist die Versorgung auf höchstem Niveau als onkologisches Spitzenzentrum und der schnelle Transfer vielversprechender Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik. Zudem betreibt das UKHD gemeinsam mit dem DKFZ und der Universität Heidelberg das Hopp Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), ein deutschlandweit einzigartiges Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit befinden sich an der Medizinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) rund 4.000 angehende Ärztinnen und Ärzte in Studium und Promotion. www.klinikum.uni-heidelberg.de

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