Gesetzliche Erbfolge trotz anderer Vermögenszuweisung im eigenhändigen Testament?

Wird in einem eingehändigen Testament die frühere Erbeinsetzung für „ungültig“ erklärt und sodann Einzelzuweisungen über einzelne Gegenstände getroffen, kann die bedeuten, dass es bei der gesetzlichen Erbfolge bleibt. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Saarbrücken in seinem Urteil vom 9.5.2023 (5 W 28/23).

Mit notariellem Testament aus dem Jahre 1988 setzt eine geschiedene Frau ihre drei Kinder zu gleichen Teilen zu ihren Erben ein. 2017 errichtet sie ein eigenhändiges Testament, in dem sie alle vorherigen Testamente für „ungültig“ erklärt und eine Immobilie dem Sohn sowie eine andere Immobilie den beiden Töchtern zu gleichen Teilen zuweist. Zudem soll das Bargeld „unter den drei Kindern“ aufgeteilt werden. Nach dem Tod der Frau beantragt eine ihrer Töchter einen Erbschein, der sie und ihre Geschwister zu jeweils 1/3 als Erben ihrer Mutter nach gesetzlicher Erbfolge ausweist. Der Bruder tritt dem entgegen. Er ist der Auffassung, dass aufgrund der Zuweisungen der Immobilien unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse am Todestag davon ausgegangen werden muss, dass er zu ½ und seine Schwestern zu jeweils ¼ Erben geworden sind.

Zu Unrecht, so entscheidet das Gericht. Das Gesetz geht grundsätzlich von einer Gesamtrechtsnachfolge in das gesamte Vermögen aus. In der Zuwendung einzelner Gegenstände kann daher nur dann eine Erbeinsetzung zu sehen sein, wenn das Vermögen mehr oder weniger vollständig verteilt wurde. Erfolgt die Zuwendung aber an die gesetzlichen Erben und werden in dem Testament alle vorherigen Testamente für „ungültig“ erklärt, spricht mehr dafür, dass es bei der gesetzlichen Erbfolge bleiben sollte und in der Verteilung der einzelnen Gegenstände nur sog. Vorausvermächtnisse zu sehen sind. In diesem Fall haben die Kinder die Gegenstände zwar wie angeordnet zu verteilen, bleiben aber im Übrigen gleichberechtigte Erben. Dafür, dass die Frau von der gesetzlichen Erbfolge ausging, spricht im vorliegenden Fall nach Ansicht des Gerichts, dass sie von „Aufteilung“ mit erkennbar gegenständlich bezogenen Begriffen, wie „bekommt“, „geht an“ gesprochen hat. Dafür spreche auch die Tatsache, dass das Bargeld unter den Kindern gleichmäßig aufgeteilt werden soll; die Frau wollte ihre Kinder mit Blick auf die kraft Gesetzes ohnehin eintretende Erbfolge auf gleicher Stufe als ihre Rechtsnachfolger angesiedelt wissen.

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